WirtschaftsleistungNach 17 Jahren: Luxemburg ist nicht mehr die reichste Region Europas

Wirtschaftsleistung / Nach 17 Jahren: Luxemburg ist nicht mehr die reichste Region Europas
2022 galt Luxemburg, erstmals seit 18 Jahren, nicht mehr als „reichste Region Europas“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Es ist eine Statistik, die für Luxemburg eigentlich schon immer nicht ganz richtig war. Interessant ist die Entwicklung dennoch: Luxemburg verliert den Titel als reichste Region Europas.

Wer reich ist, entscheidet meist der Vergleich mit anderen. Und Luxemburg schneidet dabei nicht schlecht ab: Seit fast 20 Jahren galt das Großherzogtum als die reichste Region Europas. Im Jahr 2002 betrug das Pro-Kopf-BIP (ausgedrückt in Kaufkraftstandard) hierzulande 242 Prozent des EU-Durchschnitts. Zur Erstellung dieses Rankings betrachtet Eurostat das Land Luxemburg als Region.

Luxemburgs Wettbewerber um den ersten Platz in dem Ranking waren damals die Regionen Bruxelles-Capitale, Stockholm, Utrecht, Wien und Darmstadt.

Im folgenden Jahrzehnt ist der Wohlstand Luxemburgs weiter gewachsen, schneller als der EU-Durchschnitt: In den Jahren 2013 bis 2015 stand das BIP pro Kopf hierzulande bei mehr als 280 Prozent des EU-Durchschnitts.

In den folgenden Jahren ging der relative Reichtum dann leicht zurück. 2022 lag das BIP pro Kopf hierzulande „nur“ noch bei 257 Prozent des EU-Durchschnitts. Über 20 Jahre betrachtet, hat der relative Wohlstand somit leicht zugelegt.

Deutlich größere Sprünge hat es jedoch in anderen Regionen gegeben, wie die Zahlen, die Eurostat kürzlich vorgestellt hat, zeigen. Einige sind, im Vergleich mit dem europäischen Durchschnitt, spürbar reicher geworden – andere haben an Wohlstand eingebüßt.

Zu den größten Gewinnern der letzten 20 Jahre zählen viele Regionen aus Osteuropa. In Bukarest-Ilfov (Rumänien) beispielsweise lag das BIP pro Kopf bis 2007 unter dem EU-Durchschnitt, nun jedoch bei 177 Prozent. Auch die Regionen um Warschau (162 Prozent) und Prag (207 Prozent) zählen heute zu den reichsten Regionen der Staatenunion. In Estland ist das BIP pro Kopf von 42 Prozent des europäischen Durchschnitts auf 85 Prozent gestiegen.

Relativ an Reichtum verloren haben derweil Wien, Bruxelles-Capitale, wie auch einige Regionen Italiens. Auch Stockholm, Utrecht und Darmstadt sind heute – relativ gesehen – weniger wohlhabend.
Zu den relativen Verlierern zählen auch Luxemburgs Nachbarregionen: In der Region Trier liegt das BIP pro Kopf heute bei 85 Prozent des EU-Durchschnitts, im Saarland bei 99 Prozent, in der Lorraine bei 73 Prozent, in der belgischen Province du Luxembourg bei 72 Prozent.

Grenzgänger und große Konzerne

Am stärksten zugelegt haben derweil einige Regionen in Irland. Allen voran „Südirland“, mit Städten wie Cork, Carlow, Kilkenny und Kerry. Vor 20 Jahren lag das dortige BIP pro Kopf knapp über dem EU-Durchschnitt. Im Jahr 2022 hat diese Region Luxemburg, das 17 Jahre an der Spitze des Rankings stand, auf den zweiten Platz verdrängt. Mit einem Ergebnis von 2,86 Mal mehr Wirtschaftskraft als der EU-Durchschnitt hat die Region sich auch gleich einen Vorsprung herausgearbeitet. Zudem wächst sie derzeit schneller als das Großherzogtum.

Gilt noch zu bemerken, dass es sich bei diesem Indikator um das „BIP pro Kopf“ handelt. Für Luxemburg ist das Ergebnis immer schon nur bedingt aussagekräftig, da die erwirtschaftete Wirtschaftsleistung (auch die der Grenzgänger) auf die Köpfe der Einwohner verteilt wird. Luxemburg erscheint so also als reicher, als es tatsächlich ist. Auch andere Hauptstadtregionen profitieren in diesem Ranking von solchen Zuströmen an Arbeitern, während die Wirtschaftsleistung in den jeweiligen angrenzenden Regionen eigentlich zu klein ausfällt. Und auch beim jetzigen, neuen Spitzenreiter spielt ein Sonderfaktor mit: Im Süden der Insel haben viele große US-Unternehmen, etwa Apple, ihren Europasitz. In dieser vor einigen Jahrzehnten sehr armen Region gelten besonders günstige Unternehmenssteuern.

Zur weiteren Einordnung der Zahlen: Im Jahr 2022 lag das BIP pro Kopf in Europa im Schnitt bei 34.500 Euro. In Luxemburg waren es 118.700 Euro. Der jährliche Durchschnittsverdienst lag in dem Jahr hierzulande, Statec zufolge, bei 70.600 Euro.

Am schlechtesten schneidet in dem Ranking die französische Überseeregion Mayotte ab: Hier wird eine Wirtschaftsleistung von nur 30 Prozent des EU-Durchschnitts erreicht.