Budget 2024CSL: Ein Haushalt, der den sozialen Herausforderungen nicht gewachsen ist

Budget 2024 / CSL: Ein Haushalt, der den sozialen Herausforderungen nicht gewachsen ist
Sylvain Hoffmann, Nora Back und Jean-Claude Reding (v.l.n.r.): Der Kampf gegen die Armut und die sozialen Ungleichheiten ist der Schwachpunkt des Budgets 2024, urteilen die Arbeitnehmervertreter  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Arbeitnehmerkammer ist nicht sonderlich begeistert vom Budget 2024 der Luxemburger Regierung. Der Staatshaushalt sei den sozialen Herausforderungen nicht gewachsen, so ihr Urteil.

Trotz vieler Ankündigungen „werden im Budget keine neuen Akzente gesetzt, um gegen Armut und soziale Ungleichheiten vorzugehen“, bedauert Nora Back, Präsidentin der Arbeitnehmerkammer, am Freitagmorgen vor Journalisten. Es sei nichts Konkretes hierzu im Budget zu erkennen. Doch mit den zunehmenden Herausforderungen „müsste da schon mehr passieren.“

Ähnlich ihre Analyse zur Steuerpolitik: „Vieles wurde gesagt und angekündigt, um die Mittelschicht zu entlasten, doch das Konkrete fehlt.“ Bei den Unternehmen sei das anders, bedauert die Sprecherin der Arbeitnehmer. „Da wird konkret gesagt, dass es 2025 mit den Steuern weiter nach unten gehen wird, und dass das nur ein erster Schritt sein soll.“ Für die Menschen hätte man, als CSL, eine „ambitioniertere Budgetpolitik erwartet“.

Nora Back bezeichnet das Budget 2024, die Haushaltspläne für das laufende Jahr, die die Regierung im März vorgelegt hat, als „ein Übergangsbudget“. Dabei übt sie jedoch nicht nur Kritik: „Ganz froh“ sei man darüber, dass es kein „Spar-Budget“ sei, sagt sie. „Es ist eine antizyklische Politik. Die Investitionen bleiben hoch.“

Kein „Spar-Budget“

Über die wirtschaftliche Lage redet Sylvain Hoffmann, Direktor der Kammer. Vor allem den Zuwachs an Menschen auf Arbeitssuche um rund 15 Prozent bezeichnet er als „beunruhigend“. Die Rezession im letzten Jahr, das Schrumpfen des BIP um 1,1 Prozent, beäugt er jedoch mit Argwohn. Er weist auf die Grenzen und Lücken des BIP-Konzepts hin. Seiner Analyse nach ist die Lage „weniger angespannt“, als es laut den Zahlen aussieht, vor allem im Finanzsektor. So sei mit der neuen Krise auf dem Wohnungsmarkt das Geschäft mit den Immobilienkrediten zwar deutlich zurückgegangen – gleichzeitig jedoch hatten die Banken im Jahr 2023 neue historische Rekordgewinne eingefahren.

Auch bei der Produktivität entwickle sich die nationale Wirtschaft „sehr gut“, unterstreicht er. So bringe „ein Arbeitnehmer in Luxemburg seinem Arbeitgeber pro Stunde zwischen 36 und 87 Prozent mehr ein als in den Nachbarländern. Das sind schon sehr hohe Unterschiede.“

Dass die Preissteigerungsrate wieder spürbar gesunken ist, führt er auf die ausgehandelten Maßnahmen zurück. „Dank der Tripartite haben wir die Inflation im Griff“, so Hoffmann. Sorgen bereitet ihm in dem Sinne jedoch das Jahr 2025. Dann nämlich sollen die Hilfsmaßnahmen nicht mehr gelten, und sowohl der Gaspreis als auch der Strompreis könnten – Statec zufolge – heftig zulegen, um 17 und um 60 Prozent. Das würde „zu einem Problem für die Kaufkraft und die Inflation“, warnt er. „Wir plädieren für ein Phasing-out 2025.“

Die EU-Kommission sieht dies anders. Sie hatte am Donnerstag in ihrer Beurteilung des Luxemburger Staatshaushaltes für 2024 bemängelt, dass die Notmaßnahmen zur Energieförderung, entgegen den Empfehlungen des Rates, nicht schnell genug auslaufen, und die Einsparungen aus diesen Maßnahmen nicht bereits 2024 zur Senkung des öffentlichen Defizits verwendet werden.

Gegen „eigene Leitplanken“

Sylvain Hoffmann derweil macht sich keine Sorgen um die roten Zahlen beim Gesamt- und beim Zentralstaat. „Das ist normal“, erklärt er. „Wir hatten eine Pandemie und eine Energiekrise. Es gab Hilfen für Haushalte und Unternehmen. Was wäre die Alternative gewesen?“ Der Wirtschaft war so gut über die Dellen hinweggeholfen worden. Luxemburg habe „überhaupt kein Problem, um die laufenden Ausgaben zu tätigen. Das ist alles für Investitionen“, meint Hoffmann.

Zudem erinnert er daran, dass „die Einnahmen des Staates in den letzten Jahren konstant unterschätzt und die Ausgaben stets überschätzt“ worden seien. „Das darf man nun auch wieder erwarten“, prognostiziert er, mit Blick auf die Haushaltspläne. „Die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ist weiterhin gewährleistet“, so die Kammer.

Sozialausgaben als Anteil des BIP
Sozialausgaben als Anteil des BIP Screenshot: CSL

Auch ist er nicht der Meinung, dass Luxemburg, nach der Abschwächung der europäischen Regeln zu den Staatshaushalten, „eigene Leitplanken“ brauche, wie der nationale Finanzrat sie sich wünschen würde, „um für eine gesunde langfristige Budgetpolitik zu sorgen“. Im Gegenteil: „Verglichen mit dem BIP liegt Luxemburg bei den Ausgaben – und vor allem bei den Sozialausgaben – unter dem Durchschnitt der Nachbarländer“, so Hoffmann. „Da gibt es noch Spielraum nach oben.“ Immerhin sei es eine Schande, dass es in einem reichen Land wie Luxemburg ein Armutsrisiko von rund 17 Prozent gebe. Viel zu hohe 13 Prozent der Beschäftigten sind hierzulande von Armut bedroht – in Belgien sind es hingegen weniger als vier Prozent.

Sorgen mache ihm hingegen, dass laut Mehrjahreshaushaltsplan (bis 2027) das geplante Volumen der staatlichen Investitionen graduell zurückgehen soll. Vor allem im Bereich der Maßnahmen gegen den Klimawandel sei es wichtig, das Soziale nicht zu vergessen. Nicht jeder habe die gleichen finanziellen Mittel, sagt er. Gleichzeitig müsste auch mehr in die Weiterbildung investiert werden. Entgegen den selbst gesetzten Zielen sei der Anteil der Menschen, die Kurse belegt haben, in den letzten Jahren auf 50 Prozent gefallen.

Eine nur wenig progressive Besteuerung

Auch gibt Hoffmann zu bedenken, dass es im Bereich des Wohnungsbaus immer noch einen riesigen Nachholbedarf gibt. Angesichts der Dringlichkeit der Krise und der großen Verzögerungen, die sich insbesondere bei der Entwicklung von bezahlbarem öffentlichen Wohnraum angesammelt haben, fordert die Kammer „ehrgeizigere mittelfristige Interventionen“. Zudem sei es „unumgänglich“, endlich einschneidende Instrumente einzuführen, um die zunehmende oligopolistische Struktur des Besitzes von Bauland zu bekämpfen und den Phänomenen der Spekulation durch Zurückhaltung von Grund und Boden mit Steuern entgegenzuwirken.

Weiter unterstreicht Sylvain Hoffmann, dass das Luxemburger Steuersystem, auch laut OECD, nur sehr wenig „progressiv“ sei. „Wer mehr hat, soll auch mehr geben“, sagt er. Doch das sei in Luxemburg nicht wirklich der Fall. „Wir haben kein supergerechtes Steuersystem in Luxemburg.“ Gekoppelt mit den für die Zukunft angekündigten Maßnahmen im Steuerbereich riskiere das, die bestehenden Ungleichheiten weiter zu verschärfen.

Er hebt hervor, dass sich die von Haushalten gezahlten Steuern seit 2000 praktisch verfünffacht haben, während sich die von den Unternehmen gezahlten Steuern nur verdoppelt haben. „Die Haushalte zahlen doppelt so viele Steuern wie die Firmen, obwohl die Gewinne genauso schnell gestiegen sind wie das Volumen der Gehälter“, so der Vertreter der CSL. Hintergrund sei, dass die Betriebssteuern in dieser Zeit halbiert wurden. Zudem würden die Firmen die zusätzlichen Gewinne kaum zu neuen Investitionen nutzen. Niedrigere Betriebssteuern würden somit die Einnahmen des Staats senken, nicht jedoch mehr Investitionen bringen.

So solle das Land nicht weitermachen, schlussfolgert er. Die geplanten Maßnahmen gegen die Armut sind zwar lobenswert, doch seien sie nicht Teil eines umfassenden Programms und „werden weder die Armut verringern noch den sozialen Zusammenhalt des Landes verbessern“. Statt die Steuern für Betriebe wieder zu senken, sei es besser, kleine und mittlere Verdiener steuerlich zu entlasten, etwa indem steuerlich absetzbare Pauschalbeträge an die Inflation angepasst werden.

Nomi
20. April 2024 - 15.52

The problem with socialism, is that they are running out of other's peoples money !

Nomi
20. April 2024 - 15.41

Stop dem Assistanatsstaat, an Foerderung vun Eegenresponsabilitei't !

Plop Poulpy
20. April 2024 - 9.43

Den Neoliberalismus interesseiert weineg, wat um sozialen Plang geschitt. Dei Reich gin mei reich, dei Aarm mei aarm.