Munhowen/Boissons HeintzEU-Kommission nimmt angekündigten Zusammenschluss unter die Lupe

Munhowen/Boissons Heintz / EU-Kommission nimmt angekündigten Zusammenschluss unter die Lupe
Das angekündigte Zusammengehen der beiden größten Getränkegroßhändler Luxemburgs soll in Brüssel analysiert werden  Foto: Tageblatt-Archiv

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Die Europäische Kommission wird untersuchen, ob der Zusammenschluss von Boissons Heintz mit Munhowen (Brasserie Nationale), beide mit Sitz in Luxemburg, konform mit den europäischen Wettbewerbsregelungen ist. Ein eher ungewöhnlicher Vorgang für Luxemburg.

Als die beiden größten Getränkeverleger des Landes, die Familienunternehmen Boissons Heintz und Munhowen, Anfang Februar gegenüber der Presse ihre Zusammenarbeit angekündigt hatten, hatten sie auch ihr Ziel genannt: die Schaffung eines „champion régional“. Gemeinsam erhoffen sich die Unternehmen, sich besser geschützt gegen die bislang übermächtige Konkurrenz in der Großregion behaupten zu können. Auch die Verhandlungsposition gegenüber den Supermarktketten im Land soll durch den Zusammenschluss gestärkt werden.

Für viele überraschend kam dann am Freitag eine Pressemeldung der EU-Kommission. Man habe zugestimmt, zu untersuchen, ob die Übernahme von Boissons Heintz durch Brasserie Nationale konform mit den europäischen Regeln für Firmenzusammenschlüsse ist, steht dort zu lesen. Bis nach Brüssel war der Zusammenschluss anfangs nicht mal gemeldet worden, was auch kein Fehler war. Die geplante Transaktion, die hauptsächlich den Großhandelsvertrieb von Getränken in Luxemburg betrifft, erreicht nämlich die in der europäischen Fusionskontrollverordnung festgelegten Umsatzschwellen nicht, so die Kommission. Darüber hinaus überschreite sie in keinem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums die Schwellenwerte für eine Anmeldung nach der Fusionskontrollverordnung.

Dass die EU-Kommission nun dennoch einen genaueren Blick auf den Zusammenschluss werfen wird, liegt an einem diesbezüglichen Antrag der luxemburgischen Wettbewerbsbehörde „Autorité de la concurrence“. Mitgliedstaaten können die Kommission auch um die Prüfung eines Zusammenschlusses ersuchen, der keine europaweite Bedeutung hat, wenn dieser möglicherweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt oder den Wettbewerb im eigenen Hoheitsgebiet erheblich zu beeinträchtigen droht.

Bei der EU-Kommission folgt man dem Antrag aus Luxemburg, sieht das Potenzial einer Beeinträchtigung beim Handel, da Luxemburg in großem Umfang Getränke importiert, und sieht das Risiko einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Land, da es um die beiden größten Getränkegroßhändler Luxemburgs geht.

Der Start einer Untersuchung

Eine Entscheidung gegen die Transaktion ist dies nicht, nur der Start einer Untersuchung: Die Kommission fordert die Brasserie Nationale nun auf, ihr die Infos zur Transaktion zu übermitteln. Die beiden Firmen müssen nun das Ergebnis der Untersuchung abwarten, ehe sie den Zusammenschluss vollziehen dürfen.

In Luxemburg ist die Kontrolle des Einflusses von Firmenfusionen und ihrer Marktmacht auf den Wettbewerb ein Novum. Nach vielen Jahren der Diskussionen und als letztes Mitgliedsland der EU hat sich auch Luxemburg erst letztes Jahr ein nationales Fusionskontrollsystem gegeben. Die Idee dahinter: In einer freien Marktwirtschaft soll ein funktionierender Wettbewerb dafür sorgen, dass die Preise möglichst attraktiv, die Qualität gut und das Angebot vielfältig sind. Kunden sollen eine Wahl bei Waren und Dienstleistungen haben. Es soll möglichst keine Situation entstehen, in der eine Firma allein den Preis bestimmen kann. Diesen freien Wettbewerb zu gewährleisten, ist die Aufgabe der Wettbewerbsbehörden.

Das Nicht-Vorhandensein einer solchen Regelung hatte bereits mehrmals für Diskussionen gesorgt. Etwa als der quasi-staatliche Energiekonzern Enovos/Encevo vor einigen Jahren angekündigt hatte, Paul Wagner & Fils zu übernehmen. Das Handwerk befürchtete, dass der Wettbewerb in der Branche nicht mehr gewahrt bleiben würde. Die Unternehmer wiesen darauf hin, dass Enovos nicht irgendeine Firma sei, sondern diejenige, die die Energiebranche dominiere.

„Folge einer Beschwerde des Konzerns AB-InBev“

Gemäß dem neuen Gesetz sind Unternehmen nun auch hierzulande, ab einer gewissen Größe, verpflichtet, geplante Unternehmenszusammenschlüsse bei den Wettbewerbsbehörden zu melden. Auch Dritte können ihre Ansichten bei der Prüfung des Falls geltend machen.

„Munhowen nimmt zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission beschlossen hat, eine Untersuchung bezüglich der Übernahme von Boissons Heintz einzuleiten“, so das nun betroffene Unternehmen am Freitag in einer eigenen Pressemeldung. Weiter fügt der Betrieb hinzu, dass „diese Entscheidung die Konsequenz einer Beschwerde des weltweit agierenden Konzerns AB-InBev, Eigentümer der Brauerei Diekirch, bei der luxemburgischen Wettbewerbsbehörde“ sei. Es sei zudem „das erste Mal, dass die Europäische Kommission eine Untersuchung wegen eines Übernahmevorgangs einleitet, der zwei regionale Akteure betrifft, deren gemeinsamer Gesamtumsatz weniger als 130 Millionen Euro beträgt“.

Gleichzeitig erklärt das Unternehmen, dass man „eng mit der Kommission zusammenarbeiten“ werde und hinsichtlich des Ausgangs des Untersuchungsverfahrens (…) zuversichtlich sei, dass der Zusammenschluss mit Boissons Heintz wettbewerbsfördernd und nicht wettbewerbswidrig sei. „Die Herausforderung der Brasserie-Nationale-Gruppe besteht darin, weiterhin im Wettbewerb mit den marktbeherrschenden Giganten bestehen zu können“, so das Unternehmen.