Rückblick: Die Sozialwahlen 2019Resultate lagen trotz Digitalisierung erst spät vor 

Rückblick: Die Sozialwahlen 2019 / Resultate lagen trotz Digitalisierung erst spät vor 
Verteilung der Stimmzettel für die Sozialwahlen 2019 Foto: Tageblatt-Archiv/Didier Sylvestre

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Vor fünf Jahren, wie 2024 auch an einem 12. März, fanden die letzten Sozialwahlen statt. Der OGBL konnte seine absolute Mehrheit in der Salariatskammer verteidigen und erreichte in den Betrieben ebenfalls eine absolute Mehrheit – national betrachtet kam er auf 23,04 Prozent der Delegierten. Bis diese Zahlen vorlagen, dauerte es allerdings Tage, bei der Auszählung der Briefwahl zur CSL sogar Wochen. Es ist kaum anzunehmen, dass die Resultate bei der heutigen Wahl schneller verfügbar sind.

Dabei sollte 2019 alles schneller und mit digitaler Unterstützung reibungsloser ablaufen. Der damalige Arbeitsminister Dan Kersch und der Direktor der Gewerbeinspektion ITM, Marco Boly, hatten zwei Wochen vor der Wahl zur Pressekonferenz geladen und eine Reihe von Maßnahmen präsentiert, die eben diesen Verlauf online und über eine gesicherte Plattform des Portals Guichet.lu beschleunigen sollten. Die Resultate aus den Betrieben lagen trotzdem am Tag der Wahl erst zu gut zwei Dritteln vor, bei der CSL (für deren Besetzung auch weiterhin klassisch per Post gewählt wird) dauerte es wie gehabt gleich einige Wochen, bis auch der letzte Sektor veröffentlicht war und somit die definitive Besetzung des Gremiums feststand. 

Aufgrund heftiger Kritik im Anschluss an die Sozialwahlen 2019, verkündete Dan Kersch weitere beschleunigende Maßnahmen für die aktuelle Abstimmung. Allerdings ist Georges Mischo der mittlerweile zweite Nachfolger auf dem Ministerposten (nach Georges Engel), und Kerschs Versprechen von 2019 wohl definitiv in Vergessenheit geraten. Dabei liegt eine der Ursachen für die allgemein bedauerte niedrige Wahlbeteiligung bei den gerne als demokratischste aller Wahlen bezeichneten Sozialwahlen wohl auch bei der späten Veröffentlichung der Resultate. Die Spannung verfliegt, Wochen, nachdem der Stimmzettel abgesandt wurde – das Interesse auch.

Dabei wäre es sicherlich schon hilfreich, wenn die postalisch ins Arbeitsministerium gelieferten Wahlzettel sofort bei ihrer Ankunft ausgewertet würden; auch wenn dies organisatorisch nicht ganz einfach ist. 

Schwierige Berichterstattung

Auch bei den Wahlen der Delegationen in den Betrieben, also jener Vertreter der Belegschaft, die für ihre Kollegen streiten sollen – eine Abstimmung, die den Wählern viel näher ist als die Besetzung der Arbeitnehmerkammer –, konnten am Wahlabend 2019 nur Trends festgestellt werden. Viele der großen Betriebe waren auch am nachfolgenden Tag nicht komplett ausgezählt. Fehlende Ergebnisse wurden von manchen Gewerkschaftern in ihren frühen Analysen zwar mit recht großer künstlerischer Freiheit genutzt, um das eigene Syndikat publikumswirksam hervorzuheben; der Mangel an verlässlichen Daten erschwerte allerdings sowohl die Berichterstattung der Presse als auch die Analyse, was selbstredend nicht hilfreich bei der Förderung des Stellenwertes der Sozialwahlen an sich ist. 

Zudem waren es in erster Linie die Gewerkschaften selbst, die in ihren Zentralen Ergebnisse sammelten und in einer recht unübersichtlichen Atmosphäre an die Journalisten weitergaben. Die unklare Lage führte gar dazu, dass der LCGB die Presse zeitweilig der Gewerkschaftszentrale verwies; die allgemeine Nervosität war spür- und sichtbar.

Am frühen Abend waren erst knapp zwei Drittel der damals 3.800 Betriebe mit Delegationswahlen veröffentlicht. Viele der großen Firmen mit vielen Mitarbeitern lieferten erst am Tag nach der Wahl. 

Der damalige OGBL-Präsident André Roeltgen formulierte am Abend des 12. März 2019 ein vorsichtiges „Et gesäit positiv aus“, und tatsächlich konnte seine Gewerkschaft Zugewinne verbuchen. Dies taten allerdings aufgrund der gewachsenen Zahl an Betrieben und Delegierten auch andere Gewerkschaften.

OGBL weit vor LCGB

Der Vorsprung des OGBL auf den LCGB war nach der Wahl 2019 weiterhin beeindruckend. In den 3.359 Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern, die sich ordnungsgemäß für die Wahl angemeldet hatten, erreichte der OGBL 2.042 effektive Delegierte und 1.834 Ersatzdelegierte, während der LCGB landesweit auf 1.211 Delegierte und 1.110 Ersatzdelegierte kam. Die Aleba erreichte 342, der FNCTTFEL-Landesverband, der inzwischen Teil des OGBL ist, kam auf 22, die Syprolux auf vier, der NGL-SNEP bekam 21, der NVGL erreichte neun, die CLSC (LCGB unter einem französischen Namen) erreichte einen Delegierten und die SEA kam auf elf Gewählte. Immerhin 5.197 Delegierte, die für andere Gruppierungen kandidierten, wurden ebenfalls gewählt. 

Auch bei den  2.772 Unternehmen, bei denen nach dem Majorzsystem gewählt wurde, war das Bild nach Vorlage der offiziellen Resultate ähnlich: Der OGBL konnte 631 effektive Delegierte verbuchen, der LCGB 376 und die Aleba 82. Bei den 584 Betrieben, in denen nach Proporz abgestimmt wurde, kam der OGBL auf 1.411 Delegierte, der LCGB auf 835, die Aleba auf 260.

Keine dramatischen Veränderungen

Auf die Resultate in allen Wirtschaftsbereichen, sogenannte Sektoren, einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Am Wahlabend war allerdings bereits klar, dass der OGBL in fast allen Bereichen die führende Gewerkschaft war. So freute man sich am Escher Boulevard Kennedy über die Resultate im Buchhaltungswesen, in der Industrie, bei den Kommunikationsbetrieben, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft und in der Gastronomie. Der LCGB blieb weiterhin im Transportbereich stark und hatte einen Achtungserfolg in der Eisenindustrie.

Dramatische Veränderungen der Kräfteverhältnisse zwischen den Gewerkschaften sind auch heute nicht zu erwarten, weder bei der CSL noch in den Betrieben. Der erfolgreiche Streik bei Ampacet und die Integration des Landesverbandes in den OGBL lassen eher eine weitere Stärkung des OGBL erwarten, der weiterhin das Ziel einer einzigen, einer Einheitsgewerkschaft im Land vertritt. Der Arbeitskampf bei Cargolux, der zusammen mit dem OGBL ausgefochten wurde, könnte dem LCGB Zugewinne bescheren, einer Gewerkschaft, die traditionell am syndikalistischen Pluralismus festhält.

Dennoch bleibt die Wahl spannend, und sei es nur, was das persönliche Abschneiden des einen oder anderen Kandidaten betrifft.