Ein Herr der LüfteWolfgang Guckert flog die erste Mission der Luxemburger Rettungsflugwacht

Ein Herr der Lüfte / Wolfgang Guckert flog die erste Mission der Luxemburger Rettungsflugwacht
LAR-Präsident René Closter begrüßt Wolfgang Guckert nach seiner Ankunft am Mittwoch am Flughafen in Findel Foto: Luxembourg Air Rescue

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Als Wolfgang Guckert 1989 zur Luxembourg Air Rescue (LAR) kommt, will er eigentlich nur höchstens zehn Jahre bleiben. Heute ist er 65 und geht in Rente. Er blickt auf eine lange Karriere bei der Luxemburger Rettungsflugwacht zurück. Er darf sich nicht nur rühmen, unzählige Einsätze geflogen zu haben, sondern auch Pilot der ersten offiziellen Mission überhaupt der LAR gewesen zu sein. Dies hier ist seine Geschichte.

Die Geschichte beginnt mit einer Abschiedsfeier. Gegen 16 Uhr am vergangenen Mittwochnachmittag landet Pilot Wolfgang Guckert mit dem Learjet der Air Rescue in Findel. Er kommt von einem Trainingsflug nach Straßburg zurück. Er wundert sich über die beiden Feuerwehrwagen, die nahe der Landebahn stehen. „Ich dachte, die hätten noch mal wegen des Brandes in unserem Materiallager anrücken müssen“, sagt er später. Als er dann mit einem „Water Salut“ aus den Löschkanonen begrüßt wird, weiß er, dass es um ihn geht, um seinen offiziellen Abschied von der Luxemburger Rettungsflugwacht.

Die Luxembourg Air Rescue (LAR) wird 1988 gegründet. Im März 1989, vor genau 35 Jahren, fliegt sie ihren allerersten Einsatz. Am Steuerknüppel des Helikopters, einer Bell 206L Long-Ranger, sitzt der junge Wolfgang Guckert. Im März 1959 in Deutschland nahe Mannheim geboren, kommt er 1989 im Alter von 29 Jahren zur Air Rescue. Vorher war er Soldat und Hubschrauberpilot der Bundeswehr und mit dieser Ausbildung auch Pilot bei der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF).

Viel herumgekommen

Dann kommt wohl etwas Zufall ins Spiel. René Closter, Chef der LAR, lernt Siegfried Steiger, den Gründer der DRF kennen. Dieser scheint begeistert von den jungen Luxemburgern, die eine Rettungsflugwacht aufbauen wollen, aber kaum Mittel haben. Er stellt einen Hubschrauber zur Verfügung.

Wolfgang Guckert wird sozusagen mit ausgeliehen. „Als Pilot hatte ich Erfahrung mit einem der Long Ranger ähnlichen Maschinentyp. Und ich hatte insgesamt über 2.000 Flugstunden, was damals durchaus normal war. Diese praktische Erfahrung war aber eine Voraussetzung, um den Helikopter versichern zu können.“
Als Pilot sei er viel herumgekommen. Mit dem Helikopter nach Luxemburg zu gehen, sei nichts Außergewöhnliches gewesen. „Vielleicht auch, weil ich zu der Zeit im Hunsrück gewohnt habe, knapp 100 Kilometer von Luxemburg entfernt.“ Heute lebt er übrigens in Bech-Kleinmacher, an der Luxemburger Mosel.

Und dann schreibt Wolfgang Guckert Geschichte. An einem Märztag des Jahres 1989 fliegt er den ersten offiziellen Helikoptereinsatz der Air Rescue. Fotos gibt es leider keine mehr, Unterlagen mit einem präzisen Datum offensichtlich auch nicht. Aber an die Mission erinnert sich Wolfgang Guckert: „Es war ein Kind, das schwere Verbrennungen erlitten hatte. Wir flogen es vom ‚Centre hospitalier’ (CHL) in Luxemburg aus nach Brüssel ins Militärkrankenhaus, ‚Reine Astrid’, ein „Centre des grands brûlés’.“ (Es war ein sogenannter Sekundärflug, also von Krankenhaus zu Krankenhaus, erst ab 1991 wird die Air Rescue in das Samu-System integriert und darf auch andere Einsätze fliegen. Anm. d. Red.)

Hubschrauber und Flugzeug

Nach diesem quasi historischen Einsatz ist Wolfgang Guckert der Air Rescue treu geblieben.
„Naja, ich habe damals bei der Deutschen Rettungsflugwacht auch eine Ausbildung zum Flugzeugpiloten abgeschlossen. Mein Traum ist es immer gewesen, sowohl Helikopter als auch Flugzeuge fliegen zu können. Weil das bei der DRF ab 1991 für mich nicht mehr möglich war, bin ich für die DRF Flugzeuge geflogen und an den Wochenenden oder an Feiertagen habe ich als Freelance-Hubschrauberpilot bei der LAR gearbeitet.“

Als die LAR dann ihren ersten Learjet gekauft hat, habe Air-Rescue-Chef René Closter ihm angeboten, als Trainingskapitän den Fugzeugbetrieb aufzubauen. Das war eine Festeinstellung. „Aber ich habe gesagt: O.k., ich komme, aber nur, wenn ich auch noch Hubschrauber fliegen darf. So kam es dann. Das war eine gute Entscheidung. Das habe ich dann glücklich bis zu meinem 60 Lebensjahr gemacht. Ab da darf man nicht mehr professionell mit einem Hubschrauber fliegen.“

Und die Ambulanzflugzeuge? „Das geht, bis 65, aber nur, wenn zwei im Cockpit sitzen.“ Wolfgang Guckert ist vor einigen Tagen 65 geworden. Mit der professionellen Fliegerei sei es nun vorbei, sagt er und man kann nur vermuten, ob er darüber nur traurig oder auch etwas froh ist?

Privat fliegen darf er weiterhin: „Solange ich will, ich habe auch ein privates Flugzeug nahe Hahn stehen. Es ist eine kleine Maschine, nichts für lange Strecken, mit der ich Rundflüge unternehme oder Freunde besuche. Wenn man mir aber einen Learjet geben würde, dann würde ich auch weiter weg fliegen“, sagt er und lacht.
Und wie wäre es denn, wenn er mal in einem großen Passagierflugzeug sitzen würde und keiner der Piloten im Cockpit könne mehr fliegen? „Dann könnte ich notfalls übernehmen!“, sagt Wolfgang Guckert sehr bestimmt.
Motorrad fährt er übrigens auch.

Seine Einsätze haben ihn fast um die ganze Welt geführt. Von Tokyo bis nach Los Angeles und sehr oft in afrikanische Länder. Er erinnert sich besonders an den Einsatz 2005 in Islamabad im Pakistan. „Es gab ein Erdbeben, die NATO hat unseren Helikopter dorthin gebracht. In drei Monaten sind wir dort nahe 1.000 Einsätze geflogen, haben 2.100 Patienten und 20 Tonnen Hilfsgüter transportiert. Wir waren rund um die Uhr im Einsatz. So war es auch 2003 beim Erdbeben in Bam im Iran. Damals haben die Menschen vor Ort gedacht, wir hätten eine ganze Flotte an Learjets zu unserer Verfügung. Wir hatten nur zwei, sind damit aber eigentlich rund um die Uhr zwischen Katastrophengebiet und Krankenhaus hin und her geflogen, um Menschen zu retten.“

Islamabad sei auch mit die gefährlichste Mission gewesen. „René Closter hat irgendwann sogar entschieden, sie abzubrechen, weil es einfach zu gefährlich für uns wurde. Dann gab es Einsätze in Afrika, wo wir, zum Auftanken des Learjets, auf einem Flughafen mitten in der Wüste landen mussten. Die Gefahr eines Anschlags oder einer Entführung war in unseren Köpfen immer gegenwärtig.“

Wolfgang Guckert sieht nicht aus, wie jemand, der die Gefahr sucht, aber auch nicht wie jemand, der Angst vorm eigenen Schatten hat.

Menschen retten

„Die Einsätze, die mir am meisten zu schaffen machten, waren jene mit schwer verletzten Kindern, oder mit Frühchen, da habe ich immer wieder an meine Familie, an meine Kinder denken müssen und gesagt, Hauptsache gesund!“

Menschen retten zu können, nennt er das Schönste an seinen Missionen. Auch der Organstransport, den die LAR im Auftrag Frankreichs seit Jahren macht, gehöre dazu. „Da halten wir das Schicksal von Menschen in Händen und haben uns auch von Eisregen in Lille nicht von unserer Mission abbringen lassen.“

Nach Afrika ist er, wie gesagt, öfters geflogen: „Da haben wir im Laufe der Jahre immer kompliziertere Zustände erlebt, anfangs sind wir viel Gastfreundschaft begegnet, später zusehends weniger. Afrika werde ich nicht vermissen!“

Wolfgang Guckert blickt eigenen Aussagen nach auf eine spannende Zeit zurück. Dass die Air Rescue sich zu einer solchen Erfolgsgeschichte entwickeln würde, habe er ob der vielen Widerstände nicht erwartet, aber gehofft, gibt er zu verstehen. „In der Rente werde ich jetzt mehr fliegen“, sagt er und wirkt zufrieden. Und was ist bei der LAR? Schluss, ganz aufhören? „Ich kann mir schon noch vorstellen, Trainingsflüge zu machen und zu helfen, wenn jemand gebraucht wird.“

Vor allem aber werde er nachts schlafen, ohne das Telefon auf dem Nachttisch liegen zu haben.