KommentarGuck mal, wie progressiv! … oder auch nicht

Kommentar / Guck mal, wie progressiv! … oder auch nicht
 Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die ADR hat sich eine neue Parteispitze gegeben. Jung, weiblich, bislang im Gegensatz zu etlichen Koryphäen der „Alternativdemokraten“ nicht negativ aufgefallen. Was auf den ersten Blick nach Fortschritt, „#equality“ und „#girlpower“ klingt, ist aber vor allem eins: ein strategischer Zug.

Die Ernennung von Alexandra Schoos zur ADR-Vorsitzenden soll an dieser Stelle nicht als solche bewertet werden. Doch offensichtlich will die Partei mit diesem Schritt auch mitteilen: „Schaut mal, so schlimm sind wir gar nicht!“ Ob öffentliche Drohungen gegenüber Karikaturisten, Vorwürfe von Immobilienbetrug, Aufrufe zum „Kommentieren“ über Travestie-Künstler, Ausbrüche gegen Geflüchtete, die aber recht schnell wieder verziehen und vergessen warenVeranstaltungen mit Antisemiten oder die Nutzung von Symbolen aus der Nazizeit, von denen angeblich niemand in der Zentrale etwas wusste: Die Risse, die das Image der laut Eigenbezeichnung „nicht rechtsextremen“ Partei bekommen hat, nehmen so langsam die Größe der angeblich aus dem Kontext gerissenen SS-Runen ihres Machete-Kandidaten an.

Dass nicht-männlichen Personen die Fähigkeit zugesprochen wird, sich politisch zu engagieren, ist sicherlich zu begrüßen, genau wie die Tatsache, dass Schoos als erste Frau für die ADR ins Parlament gewählt wurde – wobei keines von beiden mehr „breaking news“ sein müsste. Die Politikerin aus dem Osten des Landes hat bislang mit vergleichsweise moderaten Ansichten von sich reden gemacht. Im Gegensatz zu manchen ihrer Kollegen lässt sie Vorsicht walten und hält sich von jeglicher Polemik fern. Doch das sollte nicht davon ablenken, dass sie immer noch einer rechten Partei angehört und die Werte dieser Partei mitträgt – jetzt erst recht als Vorsitzende. Und es sollte nicht vergessen werden, dass die ADR nach wie vor ein Verein ist, in dem hauptsächlich weiße Männer mittleren und fortgeschrittenen Alters das Sagen haben.

„Wenigstens mal eine Frau“ mag eine erste Reaktion auf diese Personalie sein. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese als Schachzug, eventuell um in neuen Gewässern auf Wählerfang zu gehen.