KroatienKünftige Koalition könnte rechter und instabiler als bisher sein

Kroatien / Künftige Koalition könnte rechter und instabiler als bisher sein
Kroatiens Regierungschef Andrej Plenkovic (HDZ) will offenbar mit der rechtsnationalen Heimatbewegung (DP) koalieren Foto: Damir Sencar/AFP

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Kroatiens regierende Konservative (HDZ) und die rechtsnationale Heimatbewegung (DP) scheinen gewillt, gemeinsam ins Koalitionsboot zu steigen. Ob ihr Ringen um eine Mehrheit gelingt, ist noch nicht gewiss. Doch in Zagreb zeichnet sich ein Rechtsruck und instabilere Koalition als bisher ab.

Erst schmähten sie sich, jetzt schätzen sie sich. Mit einer „derart korrumpierten HDZ“ gebe es „keine Chance auf eine Koalition“, erteilte Ivan Penava, der Chef von Kroatiens rechtsnationaler Heimatbewegung (DP) vor der Parlamentswahl am 17. April einem Bündnis mit HDZ-Premier Andrej Plenkovic und „seiner korrupten Clique“ noch eine rigorose Abfuhr. Nun schließt der Bürgermeister von Vukovar den Einstieg ins Regierungsboot mit der HDZ nicht mehr aus: „Wir haben bei der Wahl die Konstellation erhalten, die wir haben: Die HDZ ist zweifellos der relative Sieger der Wahl.“

Selbst seine verstorbene Großmutter hätte Bürgermeisterin von Vukovar sein können, „die haben dort absolut nichts gemacht“, lästerte umgekehrt HDZ-Vormann Plenkovic im Stimmenstreit über die DP: „Das sind schlechte Leute, mit denen wir nichts zu tun haben werden.“ Nun kündigt er Koalitionsgespräche mit der DP an: „Vor der Wahl ist das eine, nach der Wahl das andere.“

Wie die HDZ scheint auch die 2020 von ihr abgesplitterte DP zum gemeinsamen Einstieg ins Koalitionsboot gewillt – allerdings „nicht um jeden Preis“, wie Plenava beteuert. Doch ob das Ringen um eine neue rechte Mehrheit gelingt, ist noch keineswegs gewiss. Die DP schließt eine Koalition mit der serbischen Minderheitenpartei SDSS resolut aus, die HDZ will die Minderheiten unbedingt dabei haben.

Das theoretisch denkbare Szenario, dass nur ein Teil der acht Minderheitsabgeordneten der künftigen Koalition als Mehrheitsbeschaffer dient, wird von diesen bisher ausgeschlossen. „Wir treten als politische Gruppe gemeinsam auf“, versichert der bosniakische Abgeordnete Armin Hodzic.

Gleichzeitig machen der DP Dissidenten im eigenen Wahlbündnis zu schaffen, die ein Bündnis mit der HDZ resolut ausschließen. Mit der „für Geldwäsche und Unterschlagung rechtskräftig verurteilten Verbrecherorganisation HDZ“ seien Veränderungen in Kroatien nicht möglich, so der frühere Richter Mislav Kolakusic: „Die einzige Lösung sind Neuwahlen.“

Rechtsruck wahrscheinlicher

Doch in Zagreb zeichnet sich eher ein Rechtsruck mit einer instabileren Koalition als bisher ab. Trotz aller Hürden halten Analysten eine Rechtskoalition unter Führung der HDZ nach wie vor für wahrscheinlicher als eine von der sozialdemokratischen SDP geführte Minderheitsregierung oder gar die Ausschreibung von Neuwahlen.

Vor allem auf das Innen- und Kultusministerium soll es die DP beim Feilschen um die Futtertröge abgesehen haben, um ihr Vorhaben einer härteren Migrationspolitik und der „Kroatisierung“ des heimischen Kulturlebens zu verwirklichen. Sollte die anvisierte HDZ-DP-Koalition auf zu wenig Stimmen kommen, könnte diese laut Analysten möglicherweise auch von den Minderheiten ohne einen offiziellen Koalitionsbeitritt toleriert werden.

Die DP-Vorbehalte gegenüber Premier Plenkovic könnten nach der Europawahl durch eine laut heimischer Medien denkbare Abberufung in die neue EU-Kommission hinfällig werden. Als „Plenexit mit Ankündigung“ spottet der SDP-Europaabgeordnete Bojan Glavasevic über die Ankündigung von Plenkovic, selbst die HDZ-Liste für die Europawahlen im Juni anzuführen.