Bürgerbeteiligung Idee für Gemeindeleben: Ein voller Kühlschrank für alle 

Bürgerbeteiligung  / Idee für Gemeindeleben: Ein voller Kühlschrank für alle 
Für Anja Sobkiewicz ist das Projekt „Solidarischer Kühlschrank“ eine Möglichkeit, sich ins Gemeindeleben einzubringen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wenn Geld und Ideen aufeinandertreffen, kommt meistens etwas Sinnvolles dabei heraus. Anja Sobkiewicz (37) hatte eine und die Gemeinde Düdelingen führt gleichzeitig zum ersten Mal ein partizipatives Budget ein. Der solidarische Kühlschrank in den Räumen der Initiative Co-Labor ist das Ergebnis. Am 16. März wird er offiziell eröffnet und Interessierte können sich gratis bedienen.

Anja Sobkiewicz (37) gehört eigentlich nicht zur Gruppe der Menschen, die einen solidarischen Kühlschrank braucht – im Gegensatz zu mittlerweile vielen anderen. Trotzdem denkt sie über ihre „Bubble“ hinaus. Sie ist Anwältin und spezialisiert auf rechtliche Fragen der Digitalisierung. Bei der Europäischen Kommission beschäftigt sie sich mit Sicherheit und Schutz für Kinder in Bezug auf Medienkonsum.

Die gebürtige Polin lebt seit sieben Jahren in Luxemburg und ist vor drei Jahren von der Hauptstadt nach Düdelingen gezogen. Für sie als „Expat“ war der kommunale Aufruf, Projekte einzureichen, eine Möglichkeit, sich zu beteiligen. „Ich darf hier nicht wählen, wollte mich aber ins Gemeindeleben einbringen“, sagt sie. Die Gelegenheit ist da. Sie reicht ihre Idee ein, die 2022 eine unter 25 Projekten ist.

Fünf davon werden schließlich ausgewählt, aber nicht von der Gemeinde, sondern von den Düdelingern. Zwischen November und Dezember 2022 konnten sie abstimmen. Ein Bericht über Lebensmittel-verschwendung im Land bringt Sobkiewicz auf die Idee und zum Kühlschrank. „Damit konnte ich meinen Wunsch nach Engagement mit sozialen Aspekten verbinden”, sagt sie. „Es gibt Menschen hier, die die das gut gebrauchen können”.

Der Lebensmittelverschwendung begegnen

Aus Polen, sie stammt aus Krakau, kennt sie ähnliche Initiativen. Dort sind sie erfolgreich. Sie recherchiert und stößt auf Zahlen, die sie stutzig machen. 70.800 Tonnen Lebensmittel entsorgen jedes Jahr Gastronomie, Handel, Großküchen und Privathaushalte im Land, was rund 118 Kilo pro Einwohner und Jahr entspricht. 48 Kilo davon wären vermeidbar, heißt es in der letzten Erhebung für den Zeitraum 2018-2019 zum Thema auf der Seite des Umweltministeriums.

Genau dort setzt die Idee zum Kühlschrank an – auch wenn sie im Verlauf der Umsetzung kleinere Abwandlungen erfährt. Ursprünglich soll der Kühlschrank draußen stehen. Aus hygienischen Gründen favorisiert die Gemeinde jedoch einen Standort in den Räumen von Co-Labor. Und findet damit auch gleich den Zulieferer. Die gemeinnützige Arbeitsloseninitiative macht Gartenbau und legt Wert auf Biodiversität bei den Dienstleistungen und Produkten, die sie anbietet.

Außerdem vertreibt und erzeugt sie Bio-Obst und -Gemüse. Diese Produkte finden sich neben Müsli, Nudeln, Reis oder Milchprodukten im solidarischen Kühlschrank wieder, der ursprünglich auch für Privatleute als Lieferanten gedacht war. „Aus Gesundheits- und hygienischen Gründen ist es nicht erlaubt, dass Privatpersonen Lebensmittel abgeben können“, schreibt die Kommune auf Nachfrage.

Die Gemeinde hat deshalb eine Konvention mit Co-Labor geschlossen und finanziert das Projekt. Insgesamt stehen 100.000 Euro für alle eingereichten Projekte zur Verfügung. Düdelingen ist Vorreiter im Land mit der Idee eines partizipativen Budgets. Das sagen Bürgermeister Dan Biancalana (LSAP) und der für Bürgerbeteiligung zuständige Schöffe Loris Spina (LSAP). Sie feilen seit Jahren an Wegen, Bürger mehr am politischen Leben zu beteiligen, und haben sich Rat bei der Uni.lu geholt.

„Es ist uns sehr wichtig, unsere Einwohner ernst zu nehmen und mit ihnen im Dialog zu bleiben“, sagen die zwei Politiker unisono. Kühlschrank-Initiatorin Sobkiewicz hat ihre eigenen Gedanken dazu. „Ich finde es wichtig, nicht nur an sich zu denken, sondern an die Gemeinde, in der man lebt“, sagt sie. Im April 2024 startet die nächste Runde für ein partizipatives Budget.

Ich finde es wichtig, nicht nur an sich zu denken, sondern an die Gemeinde, in der man lebt 

Anja Sobkiewicz, Initiatorin des solidarischen Kühlschranks

Solidarischer Kühlschrank

Er wird am 16. März offiziell eingeweiht und ist während der Öffnungszeiten des Co-Labor-Shops zugänglich: Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 19 Uhr, Donnerstag von 12 bis 19 Uhr und Samstag von 9 bis 18 Uhr. Adresse: 14, rue de la Libération, Düdelingen.

Das partizipative Budget und die Projekte

Das erste partizipative Budget wurde 2022 eingerichtet. Bürger waren dazu aufgerufen, Projekte aus den Bereichen Umwelt und Lebensumfeld, Urbanismus, Mobilität, Kultur, „Patrimoine” und Digitales, Soziales und Solidarität, Bildung und Kinder oder Jugend und Sport einzureichen. Die Nistkästen für Vögel im Park Léih hängen bereits, um der Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners zu begegnen. Die Hochbeete auf dem Platz „am Duerf“ stehen ebenfalls bereit, wo Bürger Obst und Gemüse anpflanzen und anschließend ernten können. Der solidarische Kühlschrank ist das dritte Projekt, das jetzt realisiert ist. Eine bessere Beschilderung der Wanderwege im Naherholungsgebiet „Haard-Hesselbierg-Staebierg“ ist in Arbeit, genauso wie die Verschönerung der place Cécile Biewer im Viertel „Lenkeschléi“.