USAHistorisches Verfahren: Trumps Schweigegeld-Prozess beginnt am Montag

USA / Historisches Verfahren: Trumps Schweigegeld-Prozess beginnt am Montag
Donald Trump und die Pornodarstellerin Stormy Daniels hatten Sex, nachdem Trumps dritte Ehefrau Melania gerade den gemeinsamen Sohn Barron bekommen hatte. Damit haben Trumps tief gläubige, evangelikale Anhänger kein Problem. Foto: Mary Altaffer/Tobias Schwarz/various sources/AFP

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Es ist ein Gerichtsverfahren für die Geschichtsbücher: Am Montag beginnt in New York der Prozess gegen Donald Trump wegen der Kaschierung einer Schweigegeldzahlung – der erste Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten der US-Geschichte. Ein Überblick dazu:

Die Bedeutung des Prozesses: Gegen Trump wurden vergangenes Jahr in vier verschiedenen Fällen strafrechtliche Anklagen erhoben. Zwei beziehen sich auf die Versuche, seine Wahlniederlage von 2020 gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden nachträglich zu kippen, in einer weiteren Anklage geht es um Trumps Lagerung geheimer Regierungsdokumente in seinem Privatanwesen in Florida.

Die Anklage zur Schweigegeld-Affäre war die erste der vier unter dem Strafrecht gegen Trump. Und sie ist auch die erste, die jetzt zu einem Prozess führt. Zivilrechtlich wurde Trump hingegen bereits in mehreren Verfahren verurteilt, wegen Geschäftsbetrugs, eines sexuellen Angriffs und Verleumdung.

Der Schweigegeld-Fall ist auch die einzige der vier strafrechtlichen Anklagen gegen Trump, bei der mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass es noch vor der Wahl im November ein Urteil geben wird. Der Prozess hat also potenzielle Auswirkungen auf die Wahl, bei der der Republikaner Trump erneut gegen den Demokraten Biden antreten will.

Die Anklage: Der Prozess dreht sich um ein Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels von 130.000 Dollar (120.000 Euro) vor der Präsidentschaftswahl 2016.

Schweigegelder sind in den USA zwar normalerweise nicht illegal. Doch die Anklage bezieht sich nicht auf das Schweigegeld an sich, sondern darauf, dass Trump die Zahlung in 34 Fällen per Fälschung von Geschäftsdokumenten getarnt haben soll. So seien für Trump „schädliche“ Informationen vor der Wählerschaft geheim gehalten worden, heißt es in der Anklageschrift.

Jeder einzelne der 34 Anklagepunkte kann mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden – das würde sich auf 136 Jahre summieren. Trump hat auf nicht schuldig plädiert.

Die Schlüsselfiguren: Der Pornostar: Stormy Daniels lernte Trump nach ihrer eigenen Schilderung 2006 während eines Golfturniers kennen und hatte in dessen Suite mit ihm Sex. Der Immobilienunternehmer hatte damals mit seiner dritten Frau Melania gerade den Sohn Barron bekommen. Stormy Daniels‘ Sex-Story über Trump gelangte aber erst an die Öffentlichkeit, als dieser bereits im Weißen Haus residierte. Vor der Wahl 2016 willigte sie ein, gegen die Zahlung der 130.000 Dollar zu schweigen.

Der Ausputzer: Das Schweigegeld wurde von Trumps damaligem Anwalt Michael Cohen gezahlt, der ihm als Ausputzer in kniffligen Situationen diente. Trump erstatte Cohen später das Schweigegeld mit elf Schecks zurück, die falsch als Vergütung von Anwaltsdiensten aus dem Jahr 2017 deklariert wurden. Cohen wandelte sich später zum Trump-Feind und sagte gegen ihn aus. Er selbst wurde 2018 wegen Steuer- und Finanzdelikten sowie Falschaussagen zu dreijähriger Haft verurteilt.

Der Verleger: Der Oberstaatsanwalt des New Yorker Bezirks Manhattan, Alvin Bragg, will deutlich machen, dass die Zahlung an Stormy Daniels kein Einzelfall war, sondern ein System dahinter steckte, mit dem Trump auch andere für ihn negative Informationen unter der Decke hielt. Deswegen hat Bragg Informationen zu zwei anderen Schweigegeldfällen eingebracht, auch wenn diese nicht unmittelbarer Gegenstand der Anklage sind. Diese Zahlungen flossen an eine weitere Frau sowie einen Pförtner.

Eine zentrale Rolle in diesem Vorgehen spielte demnach der mit Trump befreundete damalige Herausgeber des Skandalblatts National Enquirer, David Pecker. Er soll Trump zugesagt haben, nach Negativ-Stories Ausschau zu halten, die ans Licht kommen könnten. Peckers Medienkonzern American Media Inc. (AMI) zahlte dann auch 30.000 Dollar Schweigegeld an einen Pförtner des Trump Towers, der behauptete, Trump habe ein außereheliches Kind. Die Behauptung stellte sich später als offensichtlich falsch heraus.

Ferner zahlte AMI 150.000 Dollar an eine Frau, die nach eigenen Angaben ebenfalls eine Affäre mit Trump hatte. Bei der in den Anklagedokumenten nicht namentlich genannten Frau handelt es sich offenbar um das frühere „Playboy“-Modell Karen McDougal. Trump hat eine Affäre mit McDougal – wie auch mit Stormy Daniels – bestritten.

Der Prozessverlauf: Trump hat das Verfahren – so wie auch die anderen gegen ihn erhobenen Anklagen – als „Hexenjagd“ und „Wahleinmischung“ angeprangert. Auch griff er Richter Juan Merchan und sogar dessen Tochter persönlich an, weshalb der Richter Redeverbote gegen ihn verhängte.

Die Versuche des Ex-Präsidenten, den Prozessbeginn möglichst weit hinauszuschieben, hatten jedoch kaum Erfolg. Ab Montag beginnt nun die Auswahl der zwölf Geschworenen und sechs Ersatz-Geschworenen. Dies ist ein komplizierter Vorgang, der sich über mehrere Tage oder sogar Wochen hinziehen kann.

Der eigentliche Prozess könnte dann nur einige Wochen dauern. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Auftritt des Schlüsselzeugen Cohen. Allerdings hat Cohen ein Glaubwürdigkeitsproblem, das Trump-Lager bezeichnet ihn als „pathologischen, verurteilten Lügner“.

Die potenziellen Folgen: Laut Rechtsexperten ist eher unwahrscheinlich, dass Trump hinter Gitter geschickt wird, da es seine erste strafrechtliche Verurteilung wäre. Richter Merchan hätte die Möglichkeit, die Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen.

Trump muss sich vor allem auch wegen politischer Auswirkungen einer Verurteilung sorgen. So ergaben Umfragen, dass mehr als die Hälfte der Wähler nicht für den Rechtspopulisten stimmen will, sollte er ein verurteilter Straftäter sein. Auch könnten die Details über Trumps mutmaßliche außereheliche Eskapaden und seinen Umgang mit Frauen, die im Prozess ausgebreitet werden sollen, Wählerinnen abschrecken.