WohnungspolitikDie Arbeitnehmerkammer lässt kein gutes Haar am Maßnahmenpaket der Regierung

Wohnungspolitik / Die Arbeitnehmerkammer lässt kein gutes Haar am Maßnahmenpaket der Regierung
Der Wohnungsbau kommt der Nachfrage an Wohnungen nicht hinterher Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Bevölkerung wächst, es entstehen zu wenig Wohnungen und die Preise steigen ins Unermessliche. Auf das geplante Maßnahmenpaket der Koalition reagierte nun die Arbeitnehmerkammer CSL.

In einem Kommuniqué hat die „Chambre des salariés du Luxembourg“ (CSL) das geplante Maßnahmenpaket zur Belebung des Wohnungsmarktes stark kritisiert. Insbesondere Mieter auf dem privaten Wohnungsmarkt hätten das Nachsehen. Abgesehen vom Lob einiger den Wohnungsmarkt ankurbelnder Maßnahmen lässt die Arbeitnehmerkammer kein gutes Haar am Gesetzentwurf der schwarz-blauen Koalition.

Mieten an Kaufkraft anpassen 

Die Preisentwicklung der Mieten ist im Jahr 2022 explodiert. Innerhalb eines halben Jahres sprang das jährliche Wachstum von 2,7 Prozent im ersten Trimester auf 14,2 Prozent im dritten und hielt sich über ein Jahr auf etwa 10 Prozent. Im ersten Trimester 2024 hat sich der Anstieg der Mietpreise deutlich verlangsamt und lag bei „nur“ 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Mietentwicklung übersteige die Kaufkraft potenzieller Mieter, alarmiert die CSL. 

Im Angesicht dieser Entwicklung kritisiert die CSL die Untätigkeit der Regierung im Hinblick auf eine wirksame Mietpreisbremse. Der ursprünglich geplante „Mietpreisdeckel” wurde vor einer Woche von der Koalition aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Konservative warnten seit Jahren, das Vorhaben würde wichtige Investitionen in den Wohnungsmarkt hemmen.  

Die Regelung sah vor, die Mieten auf 3,5 Prozent des investierten Kapitals zu begrenzen. Das investierte Kapital wäre jedoch nicht die real investierte Summe, sondern der Wert der Investition gewesen. Dieser Wert wächst konstant und hätte somit auch bei dem geplanten „Mietendeckel“ zu einer konstanten Erhöhung der Mietpreise geführt. „Déi Lénk“ kritisierte, die Reform legalisiere die Exzesse am Wohnungsmarkt, die sie eigentlich beenden sollte. Abgesehen davon existiert eine solche Regelung bereits – nur mit fünf statt 3,5 Prozent. Die Fünf-Prozent-Regel stammt aus dem Jahr 1987 und konnte dem rasanten Anstieg der Mietpreise nichts entgegensetzen. 

Investoren schöpfen Vorteile ab

Strukturelle Hindernisse, in denen die CSL die Probleme des Wohnungsmarktes begründet sieht, werden durch die Reform von CSV und DP nicht angetastet. Der Boom im Immobilienmarkt im letzten Jahrzehnt habe nicht zu einer Verbesserung des Wohnungsangebots, aber zu einer gravierenden Preissteigerung geführt. 

Infolgedessen lehnt die Arbeitnehmerkammer Steuervergünstigungen für Investoren und Vermieter als nicht gerechtfertigt ab. Zum einen sei deren Wirkung für den Immobilienmarkt nicht erwiesen. Zum anderen bestehe die Gefahr eines Mitnahmeeffekts, bei dem Bauträger die Vergünstigungen nicht weitergeben, sondern in die eigene Tasche abschöpfen. Diese Gefahr sei auch bei anderen Erleichterungen für Investoren der Fall, wie der geplanten „Mietsteuergutschrift“ und der Wiedereinführung des beschleunigten Abschreibungssatzes von sechs Prozent. 

Strukturelle Ursachen: Ungleichheit und Spekulation 

Eine weitere Gefahr sieht die CSL in der Dominanz großer Investoren im VEFA-Markt. Die Konzentration des Immobilieneigentums in den Händen einer ohnehin schon privilegierten Schicht verschärfe nur die wachsende Vermögensungleichheit. Diese sei selbst eine Ursache der Wohnungskrise. 

Als primäres Hindernis für eine strukturelle Verbesserung des Wohnungsbaus identifiziert die CSL die schwierige und teure Erschließung von Bauland. Ein oligopolistisch angelegter Markt für Bauland erlaube Großgrundbesitzern, Grundstücke zurückzuhalten und spekulatives Verhalten an den Tag zu legen. Um das zu verhindern, fordert die CSL die Besteuerung von mehrfachem Immobilieneigentum, der Zurückhaltung von Wohnraum (INOL) und ruhenden Baulands (IMOB). Die Grundsteuer solle aktualisiert und progressiv gestaltet werden. 

CSL: Sozialer Wohnungsbau unabdingbar 

Als positiv beurteilt die CSL zunächst die Erhöhung der staatlichen Ausgaben für die Schaffung sozialen Wohnraums. Dies sei unabdingbar, um die Wohnungskrise nachhaltig zu bekämpfen. Auch eine Erhöhung der Unterstützung beim Kauf eines Hauptwohnsitzes belebe den Immobiliensektor. Zudem begrüßt die Arbeitnehmerkammer die Ankündigung eines Ankaufprogramms für geplante oder im Bau befindliche Häuser (VEFA) sowie die Modernisierung der Bedingungen für subventionierten Verkauf. Weitere Unterstützungen und Erleichterungen für Eigennutzer wie die vorübergehenden Erhöhungen des „Bëllegen Akt“ oder des Höchstbetrags für die Absetzbarkeit von Zinsaufwendungen finden ebenfalls Anklang. 

Grundsätzlich sei der öffentliche Wohnungsbestand chronisch unterentwickelt, stellt die CSL fest. Das Ungleichgewicht zwischen Immobilienmarkt und Bevölkerungswachstum dürfe sich nicht verschärfen. 

porcedda daniel m
26. April 2024 - 14.17

Die aktuelle Wohnungspolitik entspricht der von Premier Frieden vorgegebenen politischen Richtung „Economy First“. Zu recht wird diese nun von der CSL (Chambre des salariés du Luxembourg) kritisiert. Jedoch nicht bloß die für den Großteil der Bevölkerung kontraproduktive Maßnahmen der Regierung gehören revidiert. Um Bauen allgemein günstiger zu machen gehören viele Regularien und Bauvorschriften neu bewertet, und gegebenenfalls aufgehoben. Ebenso die unsäglichen Fristen für Baugenehmigungen gehören erheblich reduziert, will man in überschaubarer Zeit mehr Wohnraum schaffen können. Und es wäre dingend geboten, Stadtplanung, Bauplanung und Architektur den aktuellen Notwendigkeiten bezüglich Nachhaltigkeit, Gesundheit und Klimaschutz anzupassen. Es wird immer noch überwiegend so gebaut wie vor 30 Jahren. Hier liegen denn auch Chancen auf längere Sicht für eine Umgestaltung des gesamten Konstruktionssektors und der Entwicklung sowie den Einsatz von kostengünstigen Baumethoden und Materialien.