Interview Christine MajerusEin letztes Mal Festival Elsy Jacobs: „Wünsche mir, dass das Rennen nicht verschwindet“

Interview Christine Majerus / Ein letztes Mal Festival Elsy Jacobs: „Wünsche mir, dass das Rennen nicht verschwindet“
Christine Majerus ist bei jeder Auflage des Festivals Elsy Jacobs an den Start gegangen Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

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Zum 16. Mal wird Christine Majerus beim Festival Elsy Jacobs starten. Die 37-Jährige, die nach dieser Saison ihre Karriere beenden wird, war bei der ersten Ausgabe 2008 dabei und hat seitdem kein Rennen verpasst. Im Tageblatt-Interview blickt die Radsportlerin von SD Worx Protime auf die Entwicklung des Rennens ihres Heimatklubs SaF Zéisseng zurück und auf die beiden Eintagesrennen, die am Samstag und Sonntag stattfinden. 

Tageblatt: Christine Majerus, wissen Sie, wie oft Sie schon am Festival Elsy Jacobs teilgenommen haben?

Christine Majerus: Eine Zahl weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich bei allen Ausgaben mitgefahren bin. Von der ersten Edition, das noch ein kleines Rennen war, bis zu den Ausgaben, die wirklich hohes Niveau hatten. Es ist das letzte Mal in diesem Jahr für mich, aber hoffentlich nicht für das Rennen. Es war für mich immer eine Ehre, mich hier zu präsentieren. Mein Klub SaF Zéisseng organisiert es, mein Trainer Michel Zangerlé ist auch in der Organisation. Das Festival Elsy Jacobs hat dazu beigetragen, dass sich mehr luxemburgische Mädchen für den Radsport begeistern. 

Dieses Jahr werden Sie zum 16. Mal am Start sein. 2017 gewannen Sie nach dem Prolog und zwei folgenden Etappen die Gesamtwertung. Ist das die schönste Erinnerung?

Ja, ich denke schon. Ich hatte schöne, aber auch weniger schöne Momente. Es gab Jahre, an denen ich wirklich nicht in Form war. Ich bin sehr stolz auf den Sieg. Wenn man sich das Palmarès anschaut, wer hier gewonnen hat, dann sind große Namen auf der Liste. Marianna Vos, Anna van der Breggen oder Katarzyna Niewiadoma. Mein Name steht auch auf der Liste. 2018 habe ich das Rennen fast noch einmal gewonnen, da fehlte mir am Ende eine Sekunde. 2017 halte ich in bester Erinnerung, aber ich war hier immer motiviert. Egal, wie die Form war. Es war mir wichtig, dieses Rennen zu ehren. Wir sind das ganze Jahr im Ausland unterwegs und man sieht uns nicht oft fahren. Ich finde, es ist dann normal, sich Mühe zu geben, um sich in Luxemburg zu zeigen. 

Christine Majerus feierte 2017 den Gesamtsieg beim Festival Elsy Jacobs
Christine Majerus feierte 2017 den Gesamtsieg beim Festival Elsy Jacobs Foto: Editpress/Julien Garroy

Das Festival Elsy Jacobs hat sich seit der ersten Ausgabe 2008 stetig entwickelt. Angefangen bei einem Eintagesrennen bis hin zur ProSerie zurück zu zwei Eintagesrennen. Was sagen Sie zu der Entwicklung des Festivals?

Sie haben klein angefangen und dann die Möglichkeit bekommen, in die ProSerie aufzusteigen. Das Rennen war auch schon auf 2.1-Kategorie, da war das Niveau immer sehr hoch. Die Besten wollten kommen, doch die Probleme mit dem Kalender wurden über die Jahre wirklich schwierig. Das Festival Elsy Jacobs ist im Kampf mit der Vuelta und einem Etappenrennen in Tschechien. Wenn du als Team die Wahl zwischen Vuelta und Elsy Jacobs hast, dann kannst du keiner Mannschaft einen Vorwurf machen, nicht nach Luxemburg zu fahren. Es liegt nicht daran, dass die Teams nicht kommen wollen. Aber wir haben keine 30 Frauen im Team. Die Teams müssen ihre Wahl treffen und die läuft dann gegen das Elsy Jacobs. SD Worx Protime war auch in den letzten Jahren nicht immer dabei, sodass ich mit der Nationalmannschaft hier gestartet bin. 

Das Rennen ist in diesem Jahr in die Kategorie 1.2 herabgestuft worden, zudem gibt es zwei Eintagesrennen.

Ich würde es nicht als Schritt nach hinten bezeichnen. Die Organisatoren passen sich an und versuchen, das Rennen so gut es geht am Leben zu halten. Vielleicht ist es bald dann ein Rennen für junge Talente, die sich beweisen können. Das bedeutet ja nicht, dass die Rennen dann weniger interessant werden. Dieses Ziel hatten sie am Anfang ja auch. Ich sehe das alles nicht als negativen Trend. Die Frage bleibt, ob man sich in Zukunft damit zufriedengibt. Wollen sie auf diesem Niveau bleiben oder wollen sie vielleicht das Datum ändern, um die Kategorie nochmal zu wechseln, um die größten Mannschaften anzulocken? Ich wünsche mir nur, dass das Rennen nicht verschwindet, weil manche sich mit der 1.2-Kategorie nicht zufriedengeben. Aber wie ich meine Leute aus Cessingen kenne, sind sie motiviert, das Rennen weiterzuführen. Deswegen muss ich mir, glaube ich, keine Sorgen um die Zukunft machen.  

Blicken wir auf die sportliche Seite in diesem Jahr: Sehen Sie die Luxemburgerinnen in diesem Jahr in einer Favoritenrolle?

Das Rennen muss erst einmal gefahren werden. Meine Form ist nicht mehr dieselbe, wie sie Anfang März war, aber das ist normal. Ich bin nach zwei Monaten Frühjahrsrennen nicht mehr so spritzig wie zu Beginn. Trotzdem habe ich meine Form gerettet. Ich bin optimistisch, ein aktives Rennen zu fahren. Aber ich gehe nicht mit der Zielsetzung, eine Platzierung einzufahren, an den Start. Ich will zum letzten Mal eine gute Leistung zeigen und das tun, was für die Mannschaft am besten ist. Ich bleibe meiner Linie treu. Wenn ich mich gut fühle, bin ich froh, wenn ich das Finale fahren könnte. Als Luxemburgerin hast du hier immer ein großes Schild auf dem Rücken, das ist mir hier oft zum Verhängnis geworden: Wenn ich attackiert habe, hat jeder gedacht, dass das der richtige Angriff ist. Aber ich bin optimistisch. Es sind zwei Eintagesrennen, jeden Tag gibt es ein anderes Szenario und eine andere Renndynamik.

2017 und 2018 gewann Majerus jeweils eine Etappe des Festival Elsy Jacobs 
2017 und 2018 gewann Majerus jeweils eine Etappe des Festival Elsy Jacobs  Foto: Editpress/Marcel Nickels

Wie sieht die Teambesetzung von SD Worx Protime aus?

Lorena (Wiebes) ist nicht dabei. Am Anfang des Jahres wollten wir mit einer ganzen Mannschaft hier antreten. Wir mussten aber auch schauen, wie die Fahrerinnen das Frühjahr verkraften. Lorena ist jedes Rennen gefahren im Frühjahr, es ist verständlich, ihr eine Pause zu geben. Trotz allem haben wir fünf Mädchen am Start. Ich glaube, für Marie ist es das erste internationale Rennen in der Elite in Luxemburg. Dann haben wir drei Niederländerinnen mit Lonneke Uneken, Femke Markus und Femke Gerritse dabei. Das sind alles offensive Fahrerinnen, das werden sie auch an diesem Wochenende tun. 

Die Strecken kennen Sie bestens: auf was kommt es an diesem Wochenende an?

Der Parcours rund um Garnich ist sehr selektiv. In den letzten Jahren wurde der Parcours auf der zweiten Etappe gefahren. Es war immer sehr schwer. Ich glaube, in diesem Jahr wird der zweite Tag sehr technisch. Ich kenne die Details nicht, aber ich glaube, dass man rund um Cessingen als Team einen großen Unterschied machen kann. Kleine Straßen, Wind und Wetter. Bei den Ardennen-Klassikern hat man gesehen, was schlechtes Wetter Fahrern antun kann. Vielleicht wird es dieses Wochenende auch so. Aber die Straßen kennen wir: was dies angeht, haben wir keine Ausreden. 

Es wird Ihr letzter Start beim Festival Elsy Jacobs sein. Mit welchem Gefühl gehen Sie an den Start?

Das einzige Rennen, bei dem ich wirklich traurig war, es nicht mehr zu fahren, war die Flandern-Rundfahrt. Es ist das größte Rennen im Kalender. Bei der Ronde habe ich wirklich versucht, die Atmosphäre mehr zu genießen als sonst. Aber ansonsten bereue ich nichts. Ich habe in diesem Frühjahr immer mein Bestes gegeben, außer bei Paris-Roubaix, das ging nach hinten los. Egal was noch kommt, ich bin mit meinem Frühjahr sehr zufrieden und die Mannschaft ist es auch. Ich habe geholfen, Renne zu gewinnen. Es gibt insgesamt zwei Seiten: es gibt Sachen, die werde ich nicht mehr tun und es gibt Sachen, die muss ich nicht mehr tun. Ich werde beim Festival Elsy Jacobs sicher nochmal genießen, aber vor allem für das Team da sein.