Chamber-DebatteOpposition kritisiert Staatshaushalt: Ein Budget wie Schrödingers Katze

Chamber-Debatte / Opposition kritisiert Staatshaushalt: Ein Budget wie Schrödingers Katze
Auf der Suche nach Sparmaßnahmen und Schrödingers Katze: Sam Tanson („déi gréng“) Foto: Chambre des députés

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Bis in den frühen Abend diskutiert das Parlament über den Haushaltsentwurf der Regierung. Während sich CSV und DP gegen den Vorwurf der sozialen Kälte verteidigen, fragt sich die Opposition, wie man gleichzeitig sparen und investieren kann.

Das lange Warten auf das wichtigste Gesetz des Jahres hat ein Ende. Im Parlament wird über den Haushaltsentwurf für das laufende Jahr 2024 debattiert. Den Anfang machte am Dienstagnachmittag Berichterstatterin Diane Adehm (CSV), die vor allem über die Bedeutung des Luxemburger Finanzplatzes für das wirtschaftliche Wohlbefinden des Großherzogtums sprach. Am Mittwoch lag es einmal mehr an Finanzminister Gilles Roth (CSV), die Prioritäten seines ersten Budgets vor der Abgeordnetenkammer vorzustellen – und damit die zweitägige Debatte über das Gesetz zu eröffnen. Die Kernpunkte blieben dabei dieselben wie in Roths Rede vor gut einem Monat: eine verantwortungsbewusste Haushaltspolitik, bei der die Ausgaben weniger schnell wachsen, es aber auch keine „Einschnitte mit der Brechstange“ geben werde.

„Gesunde Staatsfinanzen garantieren Stabilität in unsicheren Zeiten“, sagte Roth in Hinblick auf die geopolitische Lage, die weiterhin Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Alltag in Luxemburg habe. Das gelte insbesondere für den Ukrainekrieg und die im Budget vorgesehenen Ausgaben für Verteidigung. „Sicherheit kostet“, so der Finanzminister. Im aktuellen Staatshaushalt steigt der Anteil der Verteidigungsbemühungen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,77 auf 0,83 Prozent. „Ich schließe nicht aus, dass diese Ausgaben kurzfristig erhöht werden“, sagte Roth. „Das muss gehen.“ 

Die Mehrheit betont sozialen Charakter 

Für den Finanzminister gibt es in der angespannten wirtschaftlichen Lage aber auch Lichtblicke. Zum einen habe Luxemburg im Vergleich zu anderen europäischen Ländern die Inflation mittlerweile einigermaßen in den Griff bekommen. Zum anderen deute sich für den Sommer ein Rückgang bei den Leitzinsen der Europäischen Zentralbank, so Roth. Am Montag hatte der Finanzminister den Mitgliedern des Finanzausschusses die Finanzlage des Staates zum Ende des ersten Quartals 2024 vorgestellt. In diesem Zeitraum waren die Einnahmen des Zentralstaats im Jahresvergleich um 524,6 Millionen Euro gestiegen (ein Plus von 9,4 Prozent), während die Ausgaben um 203,9 Millionen Euro anwuchsen (ein Plus von 3,3 Prozent). Mit diesem sich abmildernden Schereneffekt zwischen Einnahmen und Ausgaben zeigte sich Roth am Mittwoch ebenfalls zufrieden. 

Wachstum ist der Garant für einen starken Sozialstaat

André Bauler, DP-Abgeordneter

Von den Parteien der Mehrheit gab es wie zu erwarten Unterstützung für den Gesetzentwurf zum Haushalt. Die Fraktionsvorsitzenden Marc Spautz (CSV) und Gilles Baum (DP) nutzten ihre Redezeit vor allem, um den Entwurf gegen den Vorwurf der sozialen Kälte zu verteidigen. Mit 47 Prozent sei fast die Hälfte der im Haushalt vorgesehenen Ausgaben für soziale Transfers vorgesehen, so der Abgeordnete Spautz. „Es werden keine Sozialleistungen gekürzt oder gestrichen und es wird keine Politik des kalten Herzens gemacht“, sagte der Abgeordnete Baum, die angedachten Maßnahmen sprächen eine andere Sprache: zehn Prozent (entsprechen 2,4 Milliarden Euro) mehr für das Ministerium für Familie, Solidarität und Zusammenleben, darunter 13 Prozent mehr für den Nationalen Solidaritätsfonds. Wachstum und eine gesunde Wirtschaft seien für ihn kein Selbstzweck, so Baum. „Wachstum ist der Garant für einen starken Sozialstaat.“ Auch Baums Parteikollege André Bauler erteilte in seiner Rede der Austeritätspolitik und etwaigen Sparmaßnahmen bei der Sozialhilfe eine Absage.

Eine gut funktionierende Wirtschaft bedeutet nicht, dass alle Menschen profitieren

Franz Fayot, LSAP-Abgeordneter

Am Nachmittag hatten die Vertreter der Opposition das Wort – und kündigten ohne Ausnahme an, dem Gesetzentwurf zum Haushalt am Donnerstag nicht zuzustimmen. Den Anfang machte LSAP-Fraktionspräsidentin Taina Bofferding, die sich in ihrer Rede fragte, wie der Regierung die Quadratur des Kreises gelingen wolle. Investitionen hoch, Staatsdefizit kleiner, Steuern runter, das klingt für Bofferding nach einem Ding der Unmöglichkeit. Im Kern ihrer Kritik steht die verloren gegangene Resilienz der Staatsfinanzen. „Unsere Staatsfinanzen müssen einen externen Schock zu allen Zeiten verdauen können“, so die LSAP-Abgeordnete. Bofferding attestierte der Regierung außerdem einen „zwanghaften Glauben an das Wachstum“ und warnte vor dem Risiko eines Investitionsstaus. Am späteren Nachmittag versuchte ihr Parteikollege Franz Fayot in seiner Rede, die Debatte für die Zukunft zu öffnen. Er plädierte dafür, das BIP als Indikator für die Haushaltspolitik zu ersetzen. „Eine Wirtschaft kann nur so gesund sein wie ihre Gesellschaft“, so Fayot. Während das BIP in den vergangenen Jahren angestiegen sei, hätte der Index des Wohlbefindens stagniert. „Eine gut funktionierende Wirtschaft bedeutet nicht, dass alle Menschen profitieren.“

Der „Bluff“ der Sparmaßnahmen

Die ADR-Abgeordneten Fred Keup und Fernand Kartheiser nutzten weite Teile ihrer Redezeit an diesem Mittwoch, um Europawahlkampf für die ADR zu machen. Während Kartheiser sich dafür einsetzte, keine weiteren Kompetenzen an die EU abzugeben und die Ukraine-Hilfen infrage stellte („Diese Summen retten die Ukraine nicht“), erklärte der Fraktionschef den Finanzplatz zur Staatsräson und forderte eine gesetzliche Schuldenbremse von 30 Prozent. Besonders Keups wachstums- und zuwanderungskritische Rede provozierte Gegenstimmen aus dem Plenum, wie die von Corinne Cahen (DP), die am frühen Abend spontan ans Rednerpult trat, um einige Fakten in Keups „Polemik“ (Zitat Cahen) gegen angebliche Wirtschaftsflüchtlinge und für eine gute alte Zeit, „die es so nie gab“ (ebenfalls Zitat Cahen) zurechtzurücken.

Der Preis für die schönsten Sprachbilder dieser Chamber-Sitzung gebührte ohne Zweifel Sam Tanson („déi gréng“), die den Haushaltsentwurf der Regierung mit Schrödingers Katze verglich. Analog zum berühmten Gedankenexperiment der Physik, bei dem die Katze in der Kiste gleichzeitig als tot und lebendig angesehen wird, solle das Budget gleichzeitig für eine Kontinuität und einen Richtungswechsel, gleichzeitig für Sparen und Investitionen stehen. Die Kommunikation rund um den Haushalt erinnere Tanson außerdem an ein Pokerspiel, die von Roth angekündigten Sparmaßnahmen nannte sie einen „Bluff“. 

Auch der Piraten-Abgeordnete Sven Clement ging in seiner Rede auf Widersprüchlichkeiten ein. Auf der einen Seite hoffe man auf Einnahmen durch Tanktourismus, obwohl immer mehr Elektroautos auf den Straßen unterwegs seien. Man erhöhe die Tabaksteuer, ermutige die Leute aber gleichzeitig, mit dem Rauchen aufzuhören. Die bislang angekündigten Maßnahmen zur Bekämpfung der Logement-Krise wurden von fast allen Oppositionspolitikern als unzureichend kritisiert. Laut Clement stünden CSV und DP in keiner Weise für eine Demokratisierung der Wohnverhältnisse. „Här ass Här a Max ass Max“, so Clement. Die einen bekämen Kuchen, die anderen nur Krümel. Im Hinblick auf die allgemeine Wirtschaftslage befürchtete der Piraten-Abgeordnete, dass die Regierung vor der Europawahl die Zahlen schönrechne, „um uns danach die richtige Rechnung zu präsentieren“. Eine Analyse, die fast alle Oppositionspolitiker an diesem Tag teilten. Auch David Wagner („déi Lénk“), der aus diesem Grund – und unterstützt von allen Oppositionsparteien außer der ADR – eine Resolution einreichte, die Rede zur Lage der Nation, die wenige Tage nach der Wahl stattfinden soll, auf einen Termin vor der Europawahl vorzuziehen. 

Die Diskussion über den Haushaltsentwurf wird am Donnerstagnachmittag fortgesetzt, bevor es zum finalen Votum kommen wird. Wie diese Abstimmung ausgehen wird, dürfte jedoch schon klar. 

max.l
25. April 2024 - 12.32

hei dat errënert mëch un Eppes änlëches wéi hei d'Riëde vum Budget klengen ëch wor am drëtte Schouljoor , du krute mër vun onsem Schulmeester eng Aufgab fiir Doheem zë maachen Kanner, sot hiën, dann erklärt dir mër, an zeechend mër ee ronne Véiereck an ee véiereckege Rondel gut, mër gungen Heem, an hun all ons Eltere misste frôën, wéi dat da géing goën, well mër do sutze mat engem domme Gesiicht do sot méi Papp, ma do sët dër jo schéin an den Abrël gescheckt gin, tatsächlëch ët wor den 1. Abrël ma hei mam Staatsbudget ass ët änlëch, ët gët Eppes viirgeschloë wat der Allgemengheet nët zëgut könnt, nëmme Geld bäi Geld a leider ass ët nët den 1. Abrël

RCZ
25. April 2024 - 9.24

Trickle Down Effekt ist ein Märchen!👻

Plop Poulpy
25. April 2024 - 7.29

Also d'Oppositioun soll einfach de Baak halen. Waehrend 10 Joer hun die Greng-Rout neischt Besseres ferdeg bruecht.... Au contraire.

Romain C.
25. April 2024 - 7.19

Wie viele Milliarden Russen Gelder wohl in der Luxusburg eingefroren sind? Damit könnten wir bestimmt in den Himmel wachsen!🧐🤔🤑🕊️🏦🚀🌇

Frittefett
24. April 2024 - 22.17

Plooschter plooschter. Kee Plang. Dir musst eng Uelegquell sichen, et huet awer nach keen eng fonnt. Vläicht mol mat de Schwäizer schwätzen?