Ski alpinTen-Raa-Schwestern blicken auf die Saison zurück: „Ich vertraue ihren Ansagen voll“

Ski alpin / Ten-Raa-Schwestern blicken auf die Saison zurück: „Ich vertraue ihren Ansagen voll“
Gwyneth ten Raa (im Bild) und Joyce ten Raa haben eine lange Saison zu Ende gebracht  Foto: Fabrice Coffrini/AFP

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Direkt nach dem letzten Rennen Mitte April in Val d’Isère ging es für Joyce und Gwyneth ten Raa mit gut 20 Paar Skiern und ganz viel weiterem Material im Kleintransporter Richtung Wiltz. Nach einer langen Saison ziehen die beiden COSL-Kaderathletinnen im Tageblatt-Doppelinterview Bilanz ihrer Saison. 

Tageblatt: Die letzten Tage liefen ja ganz erfolgreich. Sind Sie trotzdem froh, dass die Saison jetzt vorbei ist?

Gwyneth ten Raa: Meine Saison hat bereits im August in Neuseeland angefangen und es wurde jetzt schon ziemlich lang. Weil es am Anfang nicht gut lief, musste ich zwischendurch auch noch viel arbeiten, trainieren und korrigieren. Wenn es wie die letzten Tage dann gut läuft und ich meinen Platz in der Weltrangliste verbessere, würde ich das natürlich gerne noch weiter machen. Aber der Kopf wusste, dass am 14. April Schluss ist. Ich habe noch einmal alles gegeben und jetzt ist es auch gut, dass die Saison vorbei ist.

Joyce ten Raa: Die Saison wurde am Ende schon ein wenig lang. Und sie lief auch nicht ganz wie gewünscht. Im Riesenslalom schaffte ich zwar die Punkte, die ich mir vorgenommen hatte, aber im Slalom klappte das nicht.

Wie bereits letztes Jahr erzielten Sie Ihre besten Ergebnisse erst in den letzten Wochen. Wie kommt das?

G.: Am Anfang der Saison probiere ich Dinge aus. Manchmal klappt das sofort, manchmal dauert es auch, bis das funktioniert. Zudem hatte ich am Anfang einige DNFs (Ausfälle), was es dann mental schwierig machte.

J.: Die Vorsaison lief nicht gut und mit dem Team klappte nicht alles wie geplant. Weshalb wir ja auch wechselten. Wir schauen jetzt nach der Saison, wie wir für nächste Saison planen, welche Strukturen wir nutzen. Wir haben zwei, drei verschiedene Optionen und wollen auch schauen, weiter zusammenzubleiben. Also wie diese Saison oft zusammen zu trainieren. Das hat ziemlich gut geklappt, auch wenn Gwyneth mit den Europacups dann manchmal zu anderen Rennen fährt.

Bisher war bei Ihnen beiden Slalom die Lieblingsdisziplin und Sie hatten dort die besten Punkte. Diese Saison waren Sie aber oft im Riesenslalom besser und punkteten sogar ziemlich gut im SuperG. Wollen Sie die schnelleren Disziplinen auch im Hinblick auf die WM und Olympischen Spiele intensivieren?

G.: Ich hatte im Riesenslalom weniger Druck und dann haben einige Rennen einfach sehr gut geklappt. Im Slalom habe ich schon den Druck gespürt, meine guten Punkte vom letzten Jahr zu verteidigen, was mir erst spät und nicht ganz gelungen ist. Ich versuche auch, ein wenig SuperG zu machen, aber nicht zu viel. Die technischen Disziplinen bleiben mein Schwerpunkt. Im SuperG brauche ich gutes Training und muss für die jeweilige Strecke bereit sein, sonst ist es zu gefährlich. Das heißt, dass ich bei der Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen nur im SuperG starte, wenn ich die Strecke beherrsche. Abfahrt bin ich noch gar nicht gefahren, aber ich werde versuchen, ein oder zwei Trainings zu machen. Weniger für den Wettkampf, sondern vor allem als Abwechslung im Training und um mich im SuperG und Riesenslalom zu verbessern.

J.: Im Slalom wollte ich in den Punkten eigentlich unter die 53 Punkte, was nach meinen Trainingsleistungen auch realistisch ist. Das hat nicht geklappt, aber ich habe dafür im Riesenslalom die 60 gepackt. Im SuperG hat es ganz gut geklappt und mit mehr Training müsste es noch besser gehen. Ich wurde mit jedem Training schneller, aber es ist schwierig, diese Trainings zu organisieren, da eine ganze Strecke gesperrt und abgesichert werden muss. Ich nehme das SuperG also mit, wenn es wie in Val d’Isère neben den technischen Disziplinen angeboten wird. Aber ich werde mich nicht weiter darauf spezialisieren.

Werden Sie eigentlich nervös, wenn Sie wie die letzten Tage auf Podiumskurs oder sogar in Führung liegen? Immerhin dauert es mit der Besichtigung und Vorbereitung noch Stunden, bis der zweite Lauf startet.

G.: Ich bin mental recht stark, die Zeit zwischen den Läufen macht mir nicht so viel aus. Es ist aber besser, ich liege mit wenig Rückstand auf dem zweiten oder dritten Platz. Da habe ich nichts zu verlieren und kann voll auf Angriff fahren, um noch den Sieg zu holen. Als Erste ist es schwieriger. Da will man nichts falsch machen und seinen Vorsprung noch verspielen. Mittlerweile habe ich das aber ziemlich gut gelernt und ich schaue auf meine Rennen zurück und analysiere sie danach. Ich versuche, zu ändern, was ich nicht so gut gemacht habe oder was ich noch verbessern kann.

Sind Ihnen so ein Podiumsplatz oder die FIS-Punkte wichtiger?

G.: Ich schaue mehr auf die Punkte, aber wenn man auf dem Podium steht, hat man normalerweise auch gute Punkte. Beides zusammen ist natürlich am besten. (lacht)

Wenn Sie zusammen Rennen fahren, liegen Ihre Startnummern ziemlich weit auseinander. Helfen Sie sich dann gegenseitig?

G.: Bei FIS-Rennen bin ich meist in den Top 15, wo uns diese Startnummern zugelost werden. Im Ziel versuche ich dann sofort, Joyce und auch meinen anderen Teamkolleginnen zu sagen, was ich auf der Strecke fühlte und wo ich Probleme oder schwierige Stellen sehe. Wenn Joyce es unter die Top 30 schafft und im zweiten Lauf mit umgekehrter Reihenfolge früh startet, vertraue ich ihren Ansagen voll. Mehr als denen von anderen Fahrerinnen, denn sie weiß sehr genau, wie ich Ski fahre. Hier in Val d’Isère und bei großen internationalen Wettkämpfen haben wir aber auch noch Patrick und Gilles, die an verschiedenen Stellen das ganze Rennen beobachten und uns wichtige Tipps geben.

J.: Wir versuchen uns immer zu helfen. Nach meinem Start letzten Freitag im Riesenslalom bin ich sofort mit dem Lift wieder hoch und habe Gwyneth noch am Start erwischt. Über eine letzte Kuppe war die Spur von uns Fahrerinnen viel zu rund und man konnte das nächste Tor viel direkter anfahren, dort etwas Zeit gutmachen.

Wie geht es jetzt im Frühling für Sie weiter?

G.: Ich lege wohl morgen (vergangenen Montag) die Beine hoch und habe zwei Wochen Pause. In denen werde ich etwas Sport treiben. Also auch zu meinem Fitnesstrainer gehen. Und mich mental vorbereiten, wenn am 29. April meine Grundausbildung für die SSEA („Section sport d’élite de l’armée“) anfängt.

J.: Nach einer kurzen Pause werde ich bald wieder mit intensivem physischem Training anfangen. Im Mai steht auch noch ein Skitest auf dem Gletscher an. Und im Juli gehe ich eine Zeit lang arbeiten. Dann studiere ich in Genf Sportmanagement und habe jetzt mehr Zeit, mich auf meine Studien zu fokussieren.

Glauben Sie, dass diese Grundausbildung Auswirkungen auf Ihre nächste Saison hat bzw. wie planen Sie, Joyce, Ihre Saisonvorbereitung?

G.: Ich habe mit Matthieu Osch gesprochen, der das ja schon vor Jahren gemacht hat. Ich werde wohl ein wenig Muskeln verlieren und in der Vorbereitung auf meine Saison brauche ich spezifisches physisches Training und genug Muskeln. Ich werde also nicht wie die vergangenen Jahre im August in Neuseeland trainieren, sondern in Europa bleiben. Ich kann mich aber auch ein wenig auf den Gletschern einfahren und das wird schon gehen.

J.: Eine Möglichkeit ist, im Herbst auf den Stubai-Gletscher zu gehen. Aber es hängt auch noch von unseren Entscheidungen in diesem Sommer ab und vielleicht geht es auch von September bis Oktober zum Training nach Skandinavien.

Joyce ten Raa (im Bild)  nimmt Tipps ihrer Schwester gerne an
Joyce ten Raa (im Bild)  nimmt Tipps ihrer Schwester gerne an Foto: Privat
Lucilinburhuc
28. April 2024 - 6.27

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