EschFrEsch macht Ernst: Richtung22 kämpft gegen Rauswurf

Esch / FrEsch macht Ernst: Richtung22 kämpft gegen Rauswurf
Muss das Kunstkollektiv Richtung22 bald raus aus dem Bâtiment4 in Esch? Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Richtung22 muss raus aus dem Bâtiment4: „frEsch“ verlängert den Vertrag mit dem Kollektiv nicht.

„Wir sind wütend“, schrieb das Kunstkollektiv Richtung22 am Dienstagabend in einem Beitrag auf den sozialen Medien. Anlass dafür ist der drohende Rauswurf aus dem Kulturzentrum Bâtiment4 (B4) in Esch, welches das Kollektiv als Gründungsmitglied aufgebaut hat. Anfang April erhielt Richtung22 Post von der ASBL „frEsch“, die unter anderem die Finanzen des B4 verwaltet: Ende Mai läuft der Vertrag zwischen „frEsch“ und dem Kollektiv aus, nach dem dieses das B4 nutzen darf. Eine Verlängerung ist nicht geplant. Die Verträge mit anderen Organisationen laufen hingegen weiter – über welchen Zeitraum, ist allerdings noch unklar.

Richtung22 rechnete fest mit einer Verlängerung, lagert auch die Kulissen zum Theaterstück „Ween stoppt RTL?“ im B4. Einen Umzug zieht das Kollektiv nicht in Erwägung und wandte sich deswegen am 5. April mit Nachfragen per Mail an den Verwaltungsrat von „frEsch“, den der Kulturschöffe Pim Knaff (DP) seit der Gründung der ASBL im Jahr 2020 präsidiert. „Dass wir das Gebäude und die Stadt verlassen müssen, wurde kein einziges Mal kommuniziert“, schrieben die Künstler*innen dort. „Im Gegenteil: Bei unserem letzten Treffen im November haben wir einen Plan für unsere Zukunft in Esch präsentiert und mit dem Verwaltungsrat darüber diskutiert.“ Die vorgestellten Ideen hätten sich auf die kommenden zwei Jahre bezogen; über einen Weggang aus Esch habe das Kollektiv nie gesprochen.

Stattdessen erhielt es 2023 im Rahmen einer „Carte blanche“ zur Förderung regionaler Kreation Finanzierungsmittel in Höhe von 70.000 Euro von „frEsch“. Das, nachdem das Kollektiv sich erfolglos um eine Konvention mit der Stadt Esch bemüht hatte. Die erste Hälfte der Fördergelder wurde im November letzten Jahres ausbezahlt; die zweite Zahlung erfolgte kurz nach der Mitteilung über die Vertragsauflösung. „Obwohl wir den, laut Vertrag, notwendigen Abschlussbericht zum Projekt noch gar nicht eingereicht haben“, so das Kollektiv in einer weiteren Mail an den Verwaltungsrat. Die Gelder fließen unter anderem in das laufende Projekt „D’Enn vun RTL“. Im Gespräch mit dem Tageblatt bezeichnen die Künstler*innen die rasche Auszahlung als weiteres Zeichen dafür, dass „frEsch“ sie schnellstmöglich loswerden will.

Politische Motive

Auf Nachfrage des Tageblatt heißt es vonseiten einzelner Mitglieder des Verwaltungsrats, der Vertrag mit Richtung22 sei wegen Verstößen gegen die Hausordnung und Beschwerden anderer Künstler*innen nicht verlängert worden. Am Mittwoch erhielt das Kollektiv eine Antwort von „frEsch“ auf die erste Mail von Anfang April, in der jedoch nur das Vertragsende als Erklärung für die eingeforderte Räumung aufgeführt wird. Mandy Ragni („déi gréng“), Mitglied des Verwaltungsrats, das der Abstimmung nicht beiwohnen konnte, bedauert gegenüber dem Tageblatt, Richtung22 habe den Fall zu schnell in die Öffentlichkeit getragen. „Wir brauchen Zeit, um den Fall intern zu diskutieren“, rechtfertigt sie den Zeitverzug. Außerdem habe die Mail den Verwaltungsrat mitten in den Osterferien erreicht – eine sofortige Rückmeldung sei nicht möglich gewesen.

„Die Entscheidung des Verwaltungsrats wurde auf Basis von Falschinformationen getroffen“, wehrt sich Richtung22 derweil. Auch hätte sich das Kollektiv mindestens eine Verwarnung oder ein Gespräch gewünscht. Es verweist dabei auf vergangene Konflikte mit „frEsch“ und vermutet politische Beweggründe hinter der Entscheidung. 2022 monierte das Kollektiv die finanzielle Intransparenz der ASBL, ihre leeren Versprechen an Kulturschaffende und Interessenkonflikte des Verwaltungsrats. Letztes Jahr legte es unter anderem mit einem Banner gegen Pim Knaff an der Fassade des B4 nach: „Ceci n’est pas une pub électorale, Pim.“ Die Kritik richtete sich gegen die Verteilung des Kulturbudgets der Stadt Esch, das vor allem Großevents und Institutionen zugutekommt.

Mussten letztes Jahr bereits das Cell sowie Bunker und noc.turn das B4 wegen undurchsichtiger Vorwürfe verlassen, droht es jetzt also Richtung22 zu treffen. „Offensichtlich, weil wir den Mund aufgemacht und die Missstände angesprochen haben, statt uns – wie im Kultursektor üblich – brav zu bedanken und zu schweigen“, mutmaßt das Kollektiv und verspricht, sich gegen die Entscheidung aufzulehnen.

Gemeinderatssitzung kurzfristig verschoben

Wegen eines Trauerfalls ist die für Freitag vorgesehene Sitzung des Escher Gemeinderats kurzfristig auf ein späteres Datum verschoben worden und findet nun am 17. Mai statt. Auf der Tagesordnung stand neben der Konvention mit der ASBL „frEsch“ als Hauptpunkt das Mobilitätskonzept für Belval.