IndienDie größte demokratische Abstimmung der Welt beginnt

Indien / Die größte demokratische Abstimmung der Welt beginnt
Wahlhelfer im Bundesstaat Uttarakhand bereiten ein elektronisches Wahlgerät vor Foto: AFP/Arun Sankar

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Es ist die größte und längste demokratische Wahl der Welt: Ab Freitag sind 968 Millionen Inder aufgerufen, ihre Stimme für die Zusammensetzung des Parlaments abzugeben. Die wichtigsten Informationen zum Ablauf der sechswöchigen Wahl.

Wie wird gewählt? Die Abstimmung erfolgt mit elektronischen Wahlmaschinen, die eine schnelle Auszählung ermöglichen. Nach Angaben der Wahlkommission können die Geräte nicht manipuliert werden. Um auch den Menschen in abgelegenen Gebieten des riesigen Landes die Abstimmung zu ermöglichen, sind die Wahlbeamten zum Teil zu Fuß, mit Hubschraubern, Booten und manchmal sogar mit Kamelen und Elefanten unterwegs. In politisch unruhigen Regionen werden sie teilweise von Sicherheitskräften begleitet. An der Parlamentswahl 2019 beteiligten sich mehr als 67 Prozent der Inder ab 18 Jahren; das waren fast 615 Millionen Menschen.

Warum dauert die Wahl so lange? Die Organisation der Wahl ist eine enorme logistische Herausforderung. Das Gesetz schreibt vor, dass der Weg zum nächsten Wahllokal für keinen Inder weiter als zwei Kilometer sein darf. Deshalb müssen 1,05 Millionen Wahlstationen eingerichtet werden – zu viele, um die Abstimmung an einem Tag abzuhalten. 2019 wurde etwa eine Wahlkabine für einen einzigen Wähler eingerichtet, der tief in einem Wald im westlichen Bundesstaat Gujarat lebte.

Um den organisatorischen Aufwand bewältigen zu können, erfolgt die Stimmabgabe gestaffelt vom 19. April bis zum 1. Juni. Dabei werden auch das lokale Wetter, religiöse Feste, Erntezeiten und Schulferien berücksichtigt, damit die Wähler in jedem Winkel Indiens zum günstigsten Zeitpunkt abstimmen können.

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In Indien können ab Freitag 968 Millionen Menschen ihre Stimme bei der Parlamentswahl abgeben

Was kostet die Abstimmung? Der indische Thinktank Centre for Media Studies schätzt die Ausgaben für die Wahl auf mehr als 14,2 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden Euro). Diese Summe umfasst nicht nur die Kosten für die Organisation, sondern auch die Ausgaben der Parteien und Kandidaten. 2019 lagen die Kosten einem Bericht der Denkfabrik zufolge bei etwa 8,7 Milliarden Dollar. Etwa ein Viertel des Geldes hätten die Kandidaten direkt an Wählerinnen und Wähler gezahlt, um deren Entscheidung zu beeinflussen, heißt es in dem Bericht.

Hindu-Nationalisten vor drittem Sieg

Welches Ergebnis wird erwartet? Am erneuten Sieg der regierenden hindu-nationalistischen Partei BJP gibt es kaum Zweifel. Damit könnte Regierungschef Narendra Modi eine dritte Amtszeit antreten. Der 73-Jährige ist auch nach einem Jahrzehnt an der Macht äußerst beliebt. In einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Pew beurteilten ihn fast 80 Prozent der Inder im vergangenen Jahr positiv.

Modis Gegner sind durch interne Machtkämpfe und politisch motivierte Strafverfahren geschwächt. Die Frage scheint nicht, ob die BJP gewinnen wird, sondern wie hoch. Parteivertreter hoffen auf eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus. Ein solches Ergebnis würde den Hindu-Nationalisten mehr Spielraum für Änderungen an der eigentlich säkularen Verfassung geben.

Wann steht der Wahlausgang fest? Nachwahlbefragungen dürfen erst nach Schließung der letzten Wahllokale am 1. Juni veröffentlicht werden. Die offizielle Auszählung der Stimmen beginnt drei Tage später, am 4. Juni, wobei dank der elektronischen Abstimmung noch am selben Tag mit den Ergebnissen gerechnet wird. Die Partei, die im Unterhaus eine Mehrheit von mindestens 273 Sitzen erzielt, darf die Regierung stellen. 2019 gewann die BJP 303 Mandate. Erreicht keine Partei diese Marke, beauftragt der Präsident die stärkste Partei mit der Bildung einer Koalition. (AFP)