Haile: „Wie in einem Stadion“ – Pol: „Wahnsinn“ (Fotos)

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LEICHTATHLETIK - Zum 20. Jubiläum des Silvesterlaufs in Trier kamen nach Veranstalter-Angaben am Donnerstag geschätzte 20.000 Zuschauer, die, unterstützt von Samba-Trommlern, mit Händen und Füßen und Trillerpfeifen sowie anderen Krachmachern jedweder Art die 1.758 Finisher in neun verschiedenen Läufen regelrecht ins Ziel trugen. Das „São Paulo Deutschlands“ war seinem Ruf wieder mal gerecht geworden. Claude...

In der brasilianischen Stadt São Paulo fand 1925 erstmals der „Vater aller Silvesterläufe“ statt. Dieser ist ein regelrechtes Volksfest, zelebriert von Zehntausenden Zuschauern zu heißen südamerikanischen Rhythmen. Die Samba-Trommeln wurden in diesem Jahr in Trier fast von den Zuschauern übertönt, ein Volksfest war es dennoch. Bzw. eine Ein-Mann-Show. Denn zum Geburtstag hatten die Organisatoren um Berthold Mertes den dicksten aller möglichen Fische an Land gezogen: Haile Gebrselassie. Der äthiopische Wunderläufer, mitten in den Vorbereitungen auf einen Angriff auf seinen eigenen Marathon-Weltrekord (2.03.59 Stunden 2008 in Berlin) am 22. Januar in Dubai, hatte gerufen, und alle kamen. Der 36-Jährige hielt, was er versprochen hatte, siegte standesgemäß, verpasste allerdings den zwölf Jahre alten Streckenrekord (22.21 Minuten) um offizielle 1,5 Sekunden.

„Wenn ich die erwische …“

An mangelnder Zuschauer-Unterstützung lag es aber nicht: „Wundervoll, fantastisch, wie in einem Stadion“, gab sich der zweifache Olympiasieger nach dem Rennen beeindruckt. „Aber die Stimmung war fast schon zu gut. Einmal bekam ich den Konfetti-Regen voll in die Augen. Wenn ich die erwische …“, sagte Gebrselassie lachend bei der Siegerehrung, die auf dem proppenvollen Hauptmarkt in der Trierer Innenstadt stattfand. Dieser ist der zentrale Ort des Geschehens, Start und Ziel für die Ein-km-Runde durch die Fußgängerzone.

Ein Ort mit hohem Star-Potenzial an Silvester, auf und neben der Strecke. Das fängt bereits beim Moderator an – „Mr. Sportstudio“ Wolf-Dieter Poschmann –, geht über die noch nie so große Journalistenschar (Manfred und Herbert Steffny), über die Hauptläufe – Haile, „Miki“ (Irina Mikitenko) und „Mocki“ (Sabrina Mockenhaupt) – bis zu den Zuschauern: Die deutsche Sportlerin des Jahres, Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius, bekam wegen des Autogramme-Schreibens aber wohl nicht so viel mit. Ohne eine amtierende Marathon-Europameisterin im Aufbau-Training (die deutsche Ulrike Maisch wurde 14. des Hauptlaufs) oder eine frühere Weltklasse-Marathonläuferin (die 47-jährige Katrin Dörre-Heinig wurde 24. des Hauptlaufs) vergessen zu wollen …

Am Streckenrand unter den Zuschauern befanden sich wie immer zahlreiche Luxemburger, aber auch auf der Strecke: Pascale Schmoetten wurde 16., war nicht ganz zufrieden, nahm’s aber gelassen, freute sich über die hervorragende Stimmung und verschob die Dusche kurzerhand auf später: „Natürlich sehe ich mir jetzt den Hauptlauf an, ‚mam Haile an onse Jongen‘.“ Letztgenannte, das waren David Karonei, Pascal Groben, Vincent Nothum, Pol Mellina und Bob Greis, die mit Gebrselassie auf die Piste gingen. Mit ihren Leistungen waren sie unterschiedlich zufrieden, über die Stimmung waren sich aber alle einig.

„Grandios“, sagte Nothum, „auf dem Rundkurs gab es keinen Meter, wo kein Zuschauer stand“, fügte Groben hinzu. Auch Mellina genoss die Atmosphäre in vollen Zügen und trug denn auch die Überrundung durch den Superstar mit Fassung: „Natürlich wollte ich mich nicht überrunden lassen. ‚Mee deen Tempo, mat deem den Haile laanschtgaangen ass: Wahnsinn‘.“ In selbige Kategorie könnte man auch die Lieblingsdisziplinen des Deutschen Thomas Dold einstufen. Der Treppenläufer (gewann viermal nach 1.576 Stufen den Empire-State-Building-Lauf) rennt auch gerne rückwärts, verpasste aber als Einleitung vor den Hauptläufen seinen im Vorjahr in Trier aufgestellten Ein-km-Weltrekord um vier Sekunden. Was der Stimmung aber keinen Abbruch tat, im Gegenteil.

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