FechtenGiannottes Olympia-Traum platzt

Fechten / Giannottes Olympia-Traum platzt
Flavio Giannotte musste seine Olympia-Hoffnungen im Viertelfinale begraben Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Beim europäischen Qualifikationsturnier „6 Tickets 2 Paris“, das vom nationalen Fechtverband in der Ecole internationale in Differdingen organisiert wurde, stritten sich 126 Fechterinnen und Fechter aus 35 Nationen um die letzten Olympia-Tickets. In den Disziplinen Degen, Florett und Säbel wurden jeweils nur die Turniersieger(innen) mit einem Ticket für das Highlight des Jahres belohnt. Nach einem optimalen Turnierbeginn musste Flavio Giannotte (WR 47) seine Olympia-Hoffnungen im Viertelfinale begraben. 

In seinem ersten von insgesamt sechs Gruppengefechten gelang Giannotte der erhoffte Auftaktsieg gegen den Slowaken Lukas Johanides (WR 135). Nach einem abwartenden Beginn konnte der Luxemburger den wichtigen ersten Treffen setzen und seinen Gegner am Ende mit 3:0 besiegen. Sehr konzentriert ging der 28-Jährige auch gegen den Timon Gubar WR 437) aus Slowenien zu Werke und wurde seiner Favoritenrolle mit 5:3 gerecht. Im dritten Duell kam es zum Kräftemessen mit Josef Mahringer. Dem in der Weltrangliste um sechs Positionen höher eingestuften Österreicher überließ Giannotte die Initiative und punktete mehrmals aus der Defensive heraus.

Riesig war die Freude der zahlreichen Zuschauer, die in mehreren Reihen um die Piste standen und das Geschehen hautnah erleben konnten, als der mehrfache Landesmeister den entscheidenden Treffer zum 5:3-Erfolg landete. Bei seinem vierten Auftritt stand es gegen den Esten Filipp Djatsuk, nach Ablauf der fünf Minuten, 1:1-Unentschieden. Im „Sudden Death“ behielt Flavio Giannotte die Nerven und brachte den siegbringenden Treffer gekonnt an. Gleich anschließend ging sein Ritt auf der Erfolgswelle gegen den Serben Jovan Jovanovic (5:3) und Dinis Cheian (5:1) aus Moldawien weiter.

In der Runde der letzten Acht

Durch diese Siegesserie belegte der luxemburgische Hoffnungsträger den ersten Platz der Indexwertung und war damit gleich für die zweite Runde der Direktausscheidung qualifiziert. Zwei Stunden nach seinem perfekten Turnier-Einstieg bekam der Athlet vom Verein Escrime Sud es in der mittlerweile ausverkauften Halle mit Marco Brinkmann zu tun. Der Mitfavorit aus Deutschland lag schnell mit 2:0 vorn und verwaltete seinen Vorsprung bis zur Drittelpause (6:4). Im zweiten Abschnitt baute der Weltranglisten-36. seine Führung auf 9:6 aus. Flavio Giannotte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er kämpfte sich, mit der lautstarken Unterstützung seiner Anhänger, zurück und ging mit 11:10 erstmals in Führung. Der Luxemburger focht wie entfesselt weiter und qualifizierte sich mit 15:12 für die Runde der letzten Acht.

Dort traf er erneut auf Joseph Mahringer. Nach seiner 1:0-Führung konnte sein Gegner viermal in Folge punkten. Diesem Rückstand lief Giannotte bis zum dritten Drittel hinterher (7:10). Nach den letzten Tipps seines Trainers Michel Colling war Giannotte 50 Sekunden vor Schluss bis auf 11:12 herangekommen. Der Österreicher hielt dem Druck jedoch stand und setzte den vorentscheidenden 13. Treffer und qualifizierte sich mit 15:13 für das Halbfinale. „Wir hatten natürlich darauf gehofft, die Partie noch drehen zu können, so wie Flavio das zuvor gelungen war. Der Österreicher hat jedoch stabil weitergefochten. Alle Viertelfinalisten fechten auf einem extrem hohen Niveau und der Sieger gehört zu den Medaillenanwärtern in Paris. Flavio hat lediglich zu Beginn ein, zwei kleine Fehler gemacht. ‚Chapeau‘, dass er noch einmal zurückkam. Zum Schluss musste er volles Risiko gehen, aber sein Gegner hat nichts mehr zugelassen“, so die Analyse von Michel Colling gleich im Anschluss an die bittere Niederlage seines Schützlings.

Groß war auch die Enttäuschung von Giannotte. „Natürlich bin ich sehr enttäuscht, dass es nicht zur Qualifikation gereicht hat“, sagt der 28-Jährige. „Ich bin überwältigt vom ehrlichen Enthusiasmus der vielen Zuschauer. Es hat mich enorm gefreut, vom Sportminister, von Vertretern des COSL, vielen Sportlern und auch einer ganzen Reihe von Politikern aus den umliegenden Gemeinden unterstützt worden zu sein. Das Publikum hat mich regelrecht gepusht.“ Bitter ist für den luxemburgischen Fechter vor allem, dass er gegen einen Bekannten verloren hat. „Die Vorrunde habe ich dominiert. Anschließend konnte ich die Partie gegen den Deutschen noch zu meinen Gunsten drehen und traf danach auf Mahringer. Der Österreicher ist ein sehr guter Freund. Bei den Turnieren teilen wir uns ein Hotelzimmer. Der Einstieg ins Match war vorentscheidend. Den habe ich leider verpasst. Beim Stand von 11:12 habe ich den Ausgleichstreffer leider verpasst. Nach der Begegnung hat er mir gesagt, dass er chancenlos gewesen wäre, wenn ich die ersten Treffer gesetzt hätte. Ich hätte einfach nur Pech gehabt. Das kann mich nur bedingt trösten. Wie sagt man so schön: ,One day oder Day one‘. Dennoch kann ich mit erhobenem Haupt nach Hause gehen, da ich mental auf der Höhe war und stark gefochten habe. Morgen (Montag) fliege ich zum Weltcup nach Cali. Damit beginnt gleichzeitig die Vorbereitung für die Olympischen Spiele von Los Angeles.“ 

Berger mit dem Säbel Zehnte

Nach einem hochklassigen Wettkampf war es schließlich der Niederländer Tristan Tulen (WR 31), der sich im Finale mit 15:9 gegen den Portugiesen Miguel Frazao (WR 29) behauptete und somit sein Paris-Ticket löste. Im Trubel untergegangen war der zehnte Platz von Salome Berger in der Säbel-Konkurrenz der Frauen.
Am Freitag war Anna Zens (WR 177) im Einsatz. Die Landesmeisterin im Degenfechten hatte sich zum Ziel gesetzt, die Hauptrunde zu erreichen. In ihrer Sechser-Gruppe bekam die junge Athletin es mit vier Gegnerinnen zu tun, die in der Hierarchie besser klassiert sind. Neben ihrem 5:3-Erfolg gegen Ana Salminen (WR 155) gelang Anna Zens das Kunststück, die deutsche Spitzenfechterin Alexandra Ehler (WR 49) mit 4:3 zu besiegen.

Durch den Sieg gegen die von der Papierform her zweitbeste Konkurrentin war der Sprung ins Hauptfeld geschafft. Dort stand sie der Armenierin Emma Poghosova (nr) gegenüber und stand nach einem überzeugenden 15:10-Sieg in der nächsten Runde, wo sie es zum zweiten Mal mit Julia Caron (WR 95) zu tun bekam. Gegen die bis dahin ungeschlagene Britin, der sie in der Vorrunde mit 3:5 unterlegen war, gab es im Achtelfinale eine deutliche 4:15-Niederlage. „Durch meinen letzten Treffer in der Gruppenphase habe ich es in die nächste Runde geschafft. Insgesamt bin ich mit meiner Leistung zufrieden. Trotz des Drucks, vor eigenem Publikum zu fechten, konnte ich zeigen, was ich kann. Mit dem Fechtstil meiner letzten Gegnerin bin ich einfach nicht klargekommen“, so die 21-jährige, für die als Nächstes die U23-EM in Antalya (TUR) ansteht. Am ersten Wettkampftag stand auch Eric Kamphaus (WR 896) mit dem Florett auf der „Planche“. Er konnte jedoch keines seiner sechs Duelle gewinnen und musste sich mit dem letzten Platz unter 22 Teilnehmern abfinden.

Am Samstag waren die Blicke auf Veronika Goncharova gerichtet. Der FLE-Fechterin konnte zwei ihrer fünf Gefechte zu ihren Gunsten entscheiden. Ihre beiden 5:4-Erfolge gegen Irem Karamete (TUR/WR 122) und Daria Malysheva (ARM/WR 233) sollten jedoch nicht für ein Weiterkommen ausreichen.

Die Resultate

Degen Herren (31 Teilnehmer):
1. Tristan Tulen (NL), 2. Miguel Frazao (POR), 3. Joseph Mahringer (AUT), 3. Yulen Pereira (SP), … 6. Flavio Giannotte (L)

Degen Damen (24):
1. Pauline Brunner (SUI), 2. Dar Hecht (ISR), 3. Emma Fransson (SWE), 3. Julia Caron (GBR), … 15. Anna Zens (L)

Florett Herren (22):
1. Alex Tofalides (CYP), 2. Stef De Greef (B), 3. Petar Files (CRO), 3. Jonas Winterberg-Poulsen (DK), … 22. Eric Kamphaus (L)

Florett Damen (19):
1. Malina Calugareanu (ROU), 2. Carolina Stutchbury (GBR), 3. Irem Karamete (TUR), 3. Alina Poloziuk (UKR), … 16. Veronika Goncharova (L)

Säbel Herren (17)
1. Enver Yildirim (TUR), 2. Iulian Teodosiu (ROU), 3. Santiago Madrigal (SP). 3. Szymon Hryciuk (POL)

Säbel Damen (13)
1. Yoana Ilieva (BUL), 2. Nisanur Erbil (TUR), 3. Larissa Eifler (D), 3. Malgorzata Kozaczuk (POL), … 10. Salome Berger (L)