„Mein Leben wurde mutwillig zerstört“

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Maria Kieffer-De Seixas begab sich 2006 in die Obhut eines Neurochirurgen, der damals im CHL tätig war, um ihre massiven Wirbelsäulenprobleme zu behandeln. Doch anstatt einer Besserung verschlimmerte sich der Zustand der Patientin dermaßen, dass sie inzwischen nicht mehr fähig ist, zu arbeiten oder ein normales Leben zu führen.

René Hoffmann
  
 
Die inzwischen 53-jährige Frau hat Zeit ihres bisherigen Lebens schwer gearbeitet. Sie war unter anderem im Gaststättenbereich tätig.
Die dynamische Frau litt seit dem Jahr 2000 unter heftigen Genickschmerzen. Diese waren auch der Grund, warum sie 2001 ihre Gaststätte schloss. Da die Schmerzen immer stärker wurden, ließ sie vor fünf Jahren diverse medizinische Untersuchungen vornehmen, darunter ein IRM der Wirbelsäule.

Die Resultate waren ernüchternd. Maria Kieffer-De Seixas’ oberer Teil der Wirbelsäule befand sich in einem schlechten Zustand. Leichte Kopfbewegungen wurden zur Qual. An ein geregeltes Leben war nicht mehr zu denken. Die dynamische Frau litt zum Beispiel unter Lähmungserscheinungen. Alle Behandlungsmaßnahmen brachten keine Verbesserung.
Die Patientin wendete sich im Juni 2006 an einen Neurochirurgen, der zu diesem Zeitpunkt im CHL praktizierte. Er untersuchte die Frau und kam zu dem Schluss, dass ein chirurgischer Eingriff unumgänglich sei. Er erklärte seiner Patientin die technischen Details des Eingriffs, verlor laut Maria Kieffer-De Seixas aber kein Wort über etwaige Risiken und Nebenwirkungen.
Er versprach, durch das Einsetzen von sogenannten „Cages“ (Käfigen) die Wirbelsäule zu stabilisieren und auf diese Weise der Frau helfen zu können. Es handele sich dabei um eine neue Technik, die in Deutschland entwickelt worden sei.
Schon 2005 war die ehemalige Gasthausbetreiberin erfolgreich an der Wirbelsäule operiert worden. Sie vertraute dem Arzt.

Anfang vom Ende

Am 27. Juli 2006 legte sich die Einwohnerin aus Beles im CHL unters Messer. Der Eingriff verlief „normal“, so der medizinische Bericht. Die Wundheilung erfolgte ohne Komplikationen. Im Inneren sah es jedoch anders aus. Die Frau litt jetzt unter noch stärkeren Schmerzen. Der linke Arm hatte keine Kraft mehr und die Lähmungserscheinungen waren auch nicht verschwunden. Im Gegenteil. Zu diesen Leiden gesellten sich später dann auch noch erhebliche Schluckprobleme. Untersuchungen zeigten jedoch, dass die „Cages“ gut saßen. In ihrer Verzweiflung wendete sich die Patientin an einen anderen Spezialisten in der „Clinique Saint-Pierre“ in Ottignies (B). Der belgische Arzt bezeichnete das Resultat seines luxemburgischen Kollegen als „enttäuschend“. Er sprach unter anderem von einer „bedeutsamen Invalidisierung“ der Frau.

Der Arzt operierte am 17. April 2007 Maria Kieffer-De Seixas, um ihre Leiden zu lindern. Nach diesem Eingriff verschwanden die Schmerzen. Aber nur teilweise. Gut geht es der Kranken noch lange nicht. Sie muss öfters eine Halskrause tragen und nimmt jeden Tag Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente ein.

Unmündige Patienten?

Die Mutter zweier erwachsener Kinder klagt ebenfalls das CHL an. So hätte man fast ihr Leben aufs Spiel gesetzt, indem man ihr ein Medikament verabreichen wollte, gegen das sie allergisch war. Im Allgemeinen habe die medizinische Versorgung sehr zu wünschen übrig gelassen, so die enttäuschte Frau. „Der Patient wird als unmündig angesehen. Mein Leben wurde mutwillig zerstört, aber keiner will seine Schuld eingestehen.“

Aber die zierliche Frau sprüht noch immer vor Energie und kämpft weiter für ihr Recht. „Es geht mir nicht um mich. Mein Leben ist verpfuscht. Aber wenn ich verhindern kann, dass andere Leute in meine Lage kommen, habe ich erreicht, was ich will“, so Maria Kieffer-De Seixas.

Im letzten Jahr wurde in Nancy (F) eine Expertise im Zusammenhang mit ihrem Fall durchgeführt. In den Schlussfolgerungen wird beklagt, dass einiges hätte besser sein sollen, unter anderem was die Dokumentierung des Falles betrifft, aber medizinisch dürfe den Ärzten kein Vorwurf gemacht werden. „Unglaublich“, so Romain Kieffer, der Ehemann der Patientin.
Die ganze Familie fragt sich, wie die Experten zu dieser Schlussfolgerung gekommen sind, zumal verschiedene Dokumente immer noch in der Krankenakte der Frau fehlen.

Unter anderem wurde der Operationsbericht erst nach zähen Verhandlungen, Briefen an den Gesundheitsminister und der Hilfe der „Patientevertriedung“ freigegeben und ist laut der Kläger nicht komplett. Und der beschuldigte Neurochirurg glänzte laut der Klägerin bei der Anhörung in Nancy durch seine Abwesenheit, obwohl das Treffen auf seine Anfrage hin schon einmal verlegt worden war. So erfuhren weder die Ärzte noch die Familie mehr Details. Die Familie fordert deshalb eine zweite unabhängige Expertise.

Des Weiteren scheint es ein Problem zu geben, was die Krankenakte von Frau Kieffer-De Seixas anbelangt. Der CHL beschuldigt den Arzt, die Dokumente nicht aushändigen zu wollen. Aber dieser sagt, er habe alle Dokumente bereitgestellt. Schlechter Wille? Schlampige Aktenführung? Fakt ist, dass das Recht des Patienten, in jedem Moment seine Akte einsehen zu können, in diesem Falle nicht respektiert wurde.

In der Zwischenzeit kämpft die Familie um die Invalidenrente für die 53-Jährige, die nicht mehr fähig ist, die einfachsten Hausarbeiten wie Bügeln, Staubsaugen usw. zu verrichten. „Ich kann nicht mehr ausgehen, in einem Restaurant essen, ein Konzert besuchen … alles wird zur Tortur, weil mein Genick die Strapazen nicht mehr aushält“, erklärt Maria Kieffer-De Seixas traurig.

Ohne die Hilfe ihrer Familie wäre die Frau aufgeschmissen. Jetzt erwartet sie sich endlich Klarheit und etwas Hilfe vonseiten des Staates. „Erst dann kommen wir wieder etwas zur Ruhe.“