Seine Ideologie lebt weiter

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(AFP)

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Vor einem Jahr wurde Al-Kaida-Führer Osama bin Laden von amerikanischen Elitesoldaten beseitigt. Doch ist heute klar, dass sich diese Krake nicht neutralisieren lässt, indem man ihr ab und an einen Arm abschlägt.

Zwar sind die amerikanischen Streitkräfte unablässig damit beschäftigt, in den pakistanischen Stammesgebieten und in Afghanistan Leute, die terroristischer Aktivitäten verdächtigt (!) werden, mit Raketen, die von unbemannten Kampfflugzeugen her abgeschossen werden, zu töten, doch scheint, wie die unablässigen Attacken der Taliban zeigen, der gewaltbereite islamistische Untergrund in dieser Region der Welt keinerlei Nachwuchssorgen zu kennen.
Dass der islamistische Terror in keiner Weise vom Sein oder Nichtsein einzelner Figuren – und seien sie eventuell noch so charismatisch – abhängt, zeigt die besorgniserregende Entwicklung in mehreren afrikanischen Ländern: Die islamistische Sekte Boko Haram überzieht die in ihrer Reichweite lebenden Christen mit brutalen Terrorkampagnen und in Mali droht der Vormarsch islamistischer Kräfte am Ende sogar den Zerfall dieses Landes nach sich zu ziehen. Bin Laden ist tot, doch seine Hassideologie lebt weiter. Auch in Europa. Niemand weiß, wie viele „Schläfer“, also ausgebildete Terroristen, die geduldig auf den günstigen Moment zum Losschlagen warten, in Europa oder den USA unauffällig leben.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Hinzu kommen mehr oder weniger auf eigene Faust handelnde Menschenhasser wie Mohammed Merah, der in Toulouse drei Kinder und deren Lehrer ermordete aus dem alleinigen Grunde, weil diese Juden waren.

Fromme Menschenhasser

Schlächter wie Merah stehen genau deshalb auf einer Stufe mit den Nazis: der niedersten, auf die ein Mensch je sinken kann.

Es ist schon merkwürdig, wenn Gläubige den Menschen als die Krone der Schöpfung ansehen. Dabei hat der Allgütige diese Kreatur offenbar so gründlich fehlkonstruiert, dass stets etliche ihrer Repräsentanten in nichts eine höhere Erfüllung zu finden vermögen als in der Vernichtung ihrer Mitmenschen.

Groteskerweise erschafft der Herr mit jedem Tag, den er werden lässt, Wesen, welche die Abschlachtung ihrer Kokreaturen auch noch als die höchste Form des Gottesdienstes ansehen. Ungläubige erschlagen ad maiorem Dei gloriam: Das ist ja so was von krank. Und gleichzeitig so was von „normal“, sobald sich einer als der Vollstrecker von Gottes Willen auf Erden wähnt.
Die frommen Hasskrämer sind in ihrer Wahnwelt eingeschlossen. Dem Wahn, auserwählt zu sein, das Schwert Gottes im Diesseits führen zu dürfen. Dabei wäre der Allmächtige ja nun alles andere als allmächtig und mithin nicht Gott, wenn er zur Erfüllung seiner unerforschlichen Pläne auf die Mithilfe einiger ebenso erleuchteter wie gemeingefährlicher Kretins angewiesen wäre. Doch in diese Niederungen theologischen Denkens vorzustoßen, sind die meisten „Fous de Dieu“ weder willens noch in der Lage.
Sie wollen sich ihre perverse Lust, anderen ihre Weltsicht aufzuzwingen und ihnen dabei erforderlichenfalls die Gurgel durchzuschneiden, durch keinerlei Anwandlung gefühlsduseliger Philanthropie verderben lassen. Und schon gar nicht durch den Gedanken, dass der Herr sie dereinst ob ihrer abartigen Morde zu ewiger Höllenpein verdammen könnte.

Nun ja, und da werden sich Atheist und Islamist für einmal – wenn auch mit diametral entgegengesetzten Begründungen – einig sein: Das Risiko, dass Letzteres eintreten könnte, ist in der Tat verschwindend gering.