Wie man die Langeweile aus dem Wahlkampf vertreibt

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Der oftmals als zu brav wahrgenommene Wahlkampf würde leidenschaftlicher geführt werden, wenn statt Köpfen Optionen zur Wahl stünden, meint Editorialist Jean-Philippe Schmit.

Beim luxemburgischen Wahlkampf wird nicht richtig gekämpft, es gibt nicht einmal Schlammschlachten nach amerikanischem Vorbild. Viele Beobachter sind der Meinung, der Wahlkampf werde eher zu brav geführt, die Wahlprogramme würden sich zu wenig unterscheiden.

In Luxemburg kommt es in der Regel nicht zu Handgreiflichkeiten bei TV-Debatten und die Anhänger der einzelnen politischen Parteien liefern sich auch keine Straßenschlachten. Dies hat nicht nur mit dem pazifistischen Charakter des luxemburgischen Wählers zu tun, sondern auch mit dem politischen Entscheidungsverfahren, unter dem er lebt – der repräsentativen Demokratie.

Der zur Wahl berechtigte Bürger wählt nicht unterschiedliche politische Optionen aus, sondern Köpfe und Parteien. Während fünf Jahren nehmen diese dem Wähler alle Entscheidungen ab, der Bürger ist dann zum Zuschauen verdammt. Viele wenden sich nach den Wahlen wieder von der Politik ab, das politische Interesse geht in einen mehrjährigen Winterschlaf über.

Wenn aber, öfters als nur alle fünf Jahre, Sachfragen zur Wahl stünden, müsste sich die Bevölkerung mehr für die Politik interessieren. In Staaten, in denen die Einwohner mehr Mitbestimmungsrecht haben, sind die Bürger unter dem Strich informierter, die Kampagnen transparenter.

Die bei Abstimmungen zur Wahl stehenden Alternativen werden auch leidenschaftlicher und hitziger in der Öffentlichkeit debattiert, als es bei Köpfen oder Parteien der Fall ist. Die Luxemburger können dies, siehe die Debatten während des Referendums und die über den Bau der Nordstraße, der Trambahn oder das Rauchverbot.

Wenn der Souverän – das Volk – die Höhe des Mehrwertsteuersatzes oder des Einkommens- und Unternehmenssteuersatzes mitbestimmen könnte, kämen Steueroptimierungen und Steuerflucht seltener vor. Lobbygruppen hätten es schwerer, die Kosten für eine Beeinflussung der Wahl wären deutlich höher.

Ganz davon abgesehen ist es nur fair, wenn die Meinung der Steuerzahler, Patienten oder Konsumenten ausschlaggebend ist, wenn wichtige Entscheidungen anstehen.
Die Gesundheits-, Altersversicherungs- und Sozialsysteme würden anders aussehen, wenn die Nutznießer dieser Systeme mitbestimmen könnten, was mit ihren Steuern und Beiträgen passiert. Vielleicht würde es einfacher, einen Arzttermin zu bekommen. Kosteneffizienter wäre das Gesundheitssystem bestimmt.

Die Zahl der Kriege dürfte auch abnehmen, wenn die Bevölkerung jedem Waffengang zustimmen müsse. Die Zahl der Menschen, die in der Vergangenheit gegen den Krieg auf die Straße gingen, ist deutlich größer als die der Kriegsbefürworter. Auch die Berliner Mauer könnte noch stehen, wenn das Volk sich ganz allein auf die Politik verlassen hätte.
Es muss ja nicht jede Entscheidung dem Wahlvolk überlassen werden, auch in einer direkten Demokratie gibt es Platz für Politiker und Parteien. Diese müssten zu den Themen eher Stellung beziehen, das tut der Demokratie gut. Spannender wären die Wahlkämpfe dann ohnehin.

roger wohlfart
10. Oktober 2018 - 19.56

Was hat meine zwischem"... " Bezeichnung mit fremdendenfeindlichem Quatsch zu tun ? Ich habe mich klar und deutlich für ein Mitspracherecht der " luxemburgischen Ausländer" oder wie sie es eben nennen wollen, ausgesprochen. Ich weiss auch, dass wer einen Luxemburger Pass hat, Luxemburger ist. Wie steht es aber um die französischen oder japanischen Mitbürger, die hier arbeiten und wohnen und ( noch ) keinen luxemburgischen Ausweis haben? Verweigern Sie denen das Wahlrecht etwa ?

Heng
9. Oktober 2018 - 21.05

es gibt keine "ausländischen Mitbürger, mit der luxemburger Staatszugehörigkeit". Wer einen luxemburgischen Pass hat, ist Luxemburger. Wer zwei Pässe hat, ist Luxemburger und z.B. Franzose oder Japaner. Warum wir so ein fremdenfeindlicher Quatsch hier geduldet?

Humpenjang
8. Oktober 2018 - 16.34

Was mich dann auch noch interessieren würde, ob wir jemals korrekte Zahlen erhalten wieviel Briefwahlen niemals angekommen sind? Bei 220.000 Wahlberechtigten bzw. -pflichtigen machen da einige 1000 ganz schnell einige % aus. Und nein, ich hab die Briefwahl nicht über das desaströse "myGuichet" angefordert, sondern ganz banal per Post. Und wenn ich noch angerufen werde um zusätzlich eine Telefonnummer anzugeben kann ja wohl keiner behaupten es wäre nicht angekommen. Ich mach seit fast 30 Jahren Briefwahl, wundere mich was denn jetzt so schwierig geworden ist?

tarzan
8. Oktober 2018 - 14.22

Bin schon der meinung, dass bei entscheidungen wo es ums eingemachte geht eine volksbefragung angebracht ist. Nun kann man sofort populismus schreien, aber auch politische parteien haben eine ideologische ausrichtung und 50,1% mehrheiten sind kein freifahrtschein für alles.

roger wohlfart
8. Oktober 2018 - 10.23

Erfahrungsgemäss liegt es nicht in der Natur des konservativen Stockluxemburgers sich politisch zu engagieren resp. aktiv zu werden. Der macht eher knurrend eine Faust in der Tasche, als seinem Unmut Luft auf der Strasse zu machen. Da er nicht in seiner Bequemlichkeit gestört werden will, wartet er eher die nächsten Wahlen ab um mit den da oben abzurechnen, was dann dazu führen kann, dass er das Kind mit dem Bad ausschüttet. Damit es zu einer grundlegenden Veränderung dieses Verhaltens kommt, müssten, meiner Meinung, nach unsere ausländischen Mitbürger, mit der luxemburger Staatszugehörigkeit, in den Prozess miteinbezogen werden. Der "gemeine " Luxemburger hat den Hang zur Passivität und zu einem gewissen Fatalismus . Hinzu kommt noch die Angst der Regierenden vor einer Volksbefragung, die Angst vor der Missbilligung ihrer Politik.

Aender T.
8. Oktober 2018 - 9.47

Volksabstimmung bei Kriegstreiberfragen sind einfach. Da wird jeder NEIN sagen. Aber dann fragen, ob das Benzin teurer werden soll, da vergessen dann gleich alle, woher das Benzin kommt, und wieviel Krieg dafür geführt wird. Idem bei Wasser und Sand (für Beton). Seltene Erden . . Oder ganz einfach, bei Mindestlöhnen. Wer wird denn seine Billigkleidung teurer bezahlen, wenn man ihn fragt. Ich höre in der Tat wenige gewählte Politiker den Menschen mal wirklich die globalen Zusammenhänge erklären, obwohl sie ja eigentlich offensichtlich sind. Sind wir nicht alle froh, das wir hier jenes Geld für unsere "Arbeit bekommen. Das müsste Mantramäßig gepredigt werden: unser Luxus ist eines anderen Armut. Weil wir "Luxus" haben, und keinen normalen Lebensstandard. Dienstleistungs-arbeit. Mit geiler Kaufkraft, oh was wir alles kaufen können. Alle wissen was Ausbeutung bedeutet, nur, wenn es darum geht sie zu stoppen, dann ist auf einmal keiner mehr bereit, etwas von den eigenen Privilegien abzugeben (ja, das ist unsere ganze luxemburgisches System, ein einziges Privileg) Ja bitte, lasst uns alle einmal abstimmen, über Gehälter von physisch arbeitenden Menschen, über klimatisierte sanfte Bürosesselarbeit und ja, von Politikern, und ganz besonders von Finanzdienstleistern. Meine Großmutter hat die Geschichte oft erzählt: nach dem Krieg, 40km Fahrradfahrt für ein Pfund Butter, wenn den überhaupt bei Ankunft noch Butter da war. Würde man die Leute heute fragen: wollt ihr den totalen Krieg, würden ALLE nein sagen. Würde man sie fragen, ob sie 40km für ein Pfund Butter mit dem Fahrrad fahren würden, würden ALLE nein sagen. So liebe Leute: es herrscht globaler totaler Krieg, und wir hier sind die Gewinner. Was gebt ihr den jetzt ab? Wo tretet ihr kürzer? Beim Benzin, ach ne, wie komm ich dann zur Arbeit und zur Tankstelle für die Chips beim Netflixdauermarathon. Bei den Keidern, ach nee, ne Jeans für 80€, für ne Jeans.. Beim Schlaugerät, ach nee, das alte ist zu langsam für die unsäglich dämlichen Videos die ich ja eigentlich gar nicht sehen will... Es geht von Oben nach Unten nicht in die Köpfe rein, daß der Preis für Frieden Verzicht auch Kriegstreiberei ist. Und Kriegstreiberei geht nur mit Geld, das nicht bei denen ankommt, die arbeiten und nix dafür bekommen. Mit DEM Geld werden Kriege gemacht. Ja, bitte, liebe Politiker: fragt die Leute. Diktiert nicht einfach eure Philosophien, lebt sie und fragt uns. Verzichtet doch mal auf eure Anwesenheitszuschläge in der Chamber, Anwesenheit für die wir euch gewählt haben. Wenn ich zur Arbeit gehe, bekomme ich auch nur mein Gehalt. Verzichtet mal auf eure Dienstwagen, wir fahren auch mit dem öffentlichen Transport den ihr uns baut. (es geht dabei nicht um die Beträge, sondern ums Prinzip) Wieso muß überhaupt jemand sich die Frage stellen, ob man mit dem Mindestlohn überleben kann? Aber bitte, stellt die Frage. Habt Mut und stellt die Frage: wollt ihr, daß jemand für euren Luxus krepiert? Ich wäre echt froh, wirklich zu wissen, ob ich von gierigen Nazis umgeben bin, die immer mehr Lebensraum brauchen, den sie ja irgendwem wegnehmen müssen, dann weis ich auch, daß 40km Fahradweg nicht reichen werden, um davon wegzukommen.

Le républicain
8. Oktober 2018 - 9.18

Dann müsste man eben nach schweizer Muster öfters Volksbefragungen durchführen...aber nach dem letzten Referendum in Luxemburg wo das Volk der Regierung und den Politiken gezeigt hatte wo es lang gehen sollte ist wohl die Volksbefragung nicht mehr so sehr "in" bei unseren Politikern oder der Regierung wie immer sie auch aussehen wird nach m dem 14 Oktober. Volksbegehren nach schweizer Muster ist zwar urdemokratisch aber eben auch unkontrollierbar für die Poliker..hélas..deshalb wird es in Luxemburg gemieden werden in der Zukunft!