DeutschlandZunehmende Gewalt gegen Politiker – Was aus dem Angriff in Dresden folgt

Deutschland / Zunehmende Gewalt gegen Politiker – Was aus dem Angriff in Dresden folgt
Ein SPD-Wahlplakat zeigt den sächsischen Spitzenkandidaten Matthias Ecke (l.), der von mutmaßlich rechtsextremen Tätern zusammengeschlagen wurde, neben der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley Foto AFP/Jens Schlueter

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Die rohe Gewalt gegen den SPD-Abgeordneten Matthias Ecke löst bundesweit Bestürzung aus. Schon am Dienstag wollen die Innenminister von Bund und Länder über Konsequenzen beraten. Innenministerin Nancy Faeser will die Polizeipräsenz hochfahren, setzt aber auch auf eine härtere Auseinandersetzung mit dem rechten Rand. Das hält auch der Extremismusforscher Hajo Funke für sinnvoll, auch wenn die Erfolgschancen unklar sind.

Nach dem gewaltvollen Angriff auf den sächsischen SPD-Europaspitzenkandidaten Matthias Ecke werden die Innenminister von Bund und Ländern voraussichtlich bereits am Dienstag bei einer Sondersitzung über die politischen Konsequenzen aus dem Fall beraten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte bereits im Vorfeld des Treffens mehr Schutz für die demokratischen Kräfte und mehr sichtbare Polizeipräsenz, aber auch eine härtere politische Auseinandersetzung mit dem rechten Rand.

„Die äußerst brutale Gewalttat gegen den sächsischen Europaabgeordneten Matthias Ecke zeigt, wo politische Aggression hinführt“, sagte Faeser dem Tageblatt. Dieser Eskalation antidemokratischer Gewalt müsse man sich politisch und rechtsstaatlich entgegenstellen. „Politisch müssen wir die Mitverantwortung derer sehr deutlich benennen, die vor allem vom rechten Rand aus immer hemmungsloser und skrupelloser Demokraten anfeinden und diffamieren“, sagte die SPD-Politikerin, und weiter: „Rechtsstaatlich müssen wir jetzt mit mehr Härte gegen Gewalttäter und mehr Schutz für die demokratischen Kräfte handeln.“ Darüber werde sie „sehr schnell“ mit den Innenministern der Länder beraten. „Wir brauchen noch mehr sichtbare Polizeipräsenz vor Ort, um Demokraten an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen zu schützen. Die Sicherheitsbehörden des Bundes werden weiter mit aller Konsequenz gegen Extremisten vorgehen und Hasskriminalität bekämpfen“, betonte Faeser.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), zugleich Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK), schlug den kommenden Dienstag für die Sondersitzung vor. „Mit Bundesinnenministerin Faeser habe ich mich gestern wegen einer Sonder-IMK beraten. Ich werde meinen Länderkollegen den kommenden Dienstag als Termin für ein informelles Treffen auf Ebene der Innenministerkonferenz vorschlagen“, sagte Stübgen dem Tageblatt. Das Gewaltverbrechen in Dresden bezeichnete er als „Angriff auf unsere Demokratie“ und verurteilte diese Tat „auf das Schärfste“.

Proteste in Berlin und Dresden

Der 41-jährige SPD-Politiker Ecke war am Freitagabend beim Aufhängen von Wahlplakaten angegriffen und dabei schwer verletzt worden. Wie die Polizei bereits am Samstag mitteilte, hatten vier bis dato Unbekannte auf den SPD-Politiker eingeschlagen. Ecke musste daraufhin im Krankenhaus versorgt werden. Die Angreifer wurden auf 17 bis 20 Jahre geschätzt. Ein 17-Jähriger hat sich nach Angaben des Landeskriminalamts in der Nacht zu Sonntag der Polizei gestellt und mitgeteilt, dass er der Täter sei. Die noch laufenden Ermittlungen sollen zeigen, ob diese Aussage zutrifft.

Für Sonntagabend waren Proteste in Berlin und Dresden geplant, zu denen das Portal „Zusammen gegen rechts“ und das Bündnis „Wir sind die Brandmauer Dresden“ im Netz aufgerufen hatten. An der Demonstration in Dresden wollte auch SPD-Chefin Saskia Esken teilnehmen, die sich zu Wahlkampfzwecken dort aufhielt. Ursprünglich waren Termine gemeinsam mit ihrem sächsischen Parteikollegen Ecke geplant, unter anderem ein Besuch in der Klinik, in der Ecke derzeit medizinisch versorgt wird.

Esken warnte vor einer Gefahr für die Demokratie. „Wenn Schlägertrupps die Plakatierteams demokratischer Parteien angreifen, greifen sie die Grundfeste unserer Demokratie an“, sagte Esken dem Tageblatt. „Was Matthias Ecke erleben musste, stellt ein Ausmaß an Gewalt dar, das allen klarmachen muss, womit wir es hier zu tun haben: eine ernsthafte Gefährdung unserer Demokratie“, betonte die SPD-Politikerin, und weiter: „Jede Verharmlosung verbietet sich.“ Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät hätten, gehe auf, so Esken. Spitzenpolitiker unterschiedlicher Parteien zeigten sich bestürzt über den brutalen Angriff von Dresden. „Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung“, schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Erklärung am Samstag.

„Verengte Debattenkultur“

Auch der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke warnte vor der wachsenden Gewalt durch Rechtsextremisten, aber auch vor den Gefahren einer polarisierten Debattenkultur in der gesamten Gesellschaft. „Rechtsextreme Kräfte, auch teilweise die AfD, haben eine Nähe zur Gewalt gegen ihre Gegner, die sie zu Feinden erklären“, sagte Funke dem Tageblatt. „In einer Gesellschaft, die zunehmend durch Polarisierung und Freund-Feind-Zuspitzungen gekennzeichnet ist, ist das kein Wunder.“ Dies werde insbesondere in Wahlkampfzeiten von rechtsextremen Kräften genutzt, die etwas gegen die parlamentarische Ordnung hätten. Funke rief dazu auf, dass sich demokratische Parteien stärker zusammenschließen und klar von Gewalt abgrenzen sollten. Ob dies angesichts der „verengten Debattenkultur“ erfolgreich sein kann, ist aus Sicht des Politikwissenschaftlers aber offen.

Leila
6. Mai 2024 - 9.39

Das 17- jährige Schutzschild für die anderen Drei - noch minderjährig, also passiert nicht ganz viel...