Gesellschaft Was bewegt die Jugend im Land? Ein Gespräch mit dem neuen Präsidenten des „Jugendrot“

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Liam Bremer wurde gerade wieder zum Präsidenten des „Jugendrot“ gewählt und hat sich einiges vorgenommen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Liam Bremer hat als Präsident des „Jugendrot“ gewaltige Verantwortung. Der Dachverband der Jugendorganisationen im Land vertritt rund 60.000 Jugendliche. Sein Ziel für die zweijährige Amtszeit ist klar: Der Jugendrat muss sichtbarer werden, an seiner Kommunikation arbeiten und mehr gehört werden. Immerhin geht es um die Zukunft der nächsten Generationen.  

Eigentlich hat Liam Bremer (24) schon genug um die Ohren. Zwei Masterstudiengänge in Paris und Glasgow und eine Ausbildung bei der französischen Zentralbank in Paris reichen für ausgefüllte Tage. Er hat sich auf Wirtschaftspolitik im Rahmen seiner Studien spezialisiert und beschäftigt sich mit Finanzregulierung und  -stabilität.  

Trotzdem hat er sich für ein Ehrenamt entschieden und will es aktiv ausfüllen. Das machen erfahrungsgemäß nur Menschen, die sich schon immer engagiert haben. Bremers Karriere als Ehrenamtler, wenn man das so sagen will, beginnt in der Schulzeit. Zu der Zeit ist er Mitglied im Vorstand der Schülerrepräsentanz am Escher „Jongenlycée“ und in der „Conférence nationale des élèves du Luxembourg“ (CNEL).  

Für mich hat Engagement in der Gesellschaft einen großen Stellenwert

„Politik hat mich schon immer interessiert“, sagt er. Damit meint er nicht unbedingt ein Mandat – auch wenn er später einer luxemburgischen Jugendpartei beitritt –, sondern den Austausch unter Gleichaltrigen und gemeinsame Arbeit an Projekten. „Für mich hat Engagement in der Gesellschaft einen großen Stellenwert“, sagt er zur Bürde des Amtes. „Ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein“, lautet die Antwort auf die Frage nach seinem inneren Antrieb.  

Wahlrecht mit 16 Jahren

Aber es gibt auch einen Schlüsselmoment. Der Essay „Indignez-vous!“ des ehemaligen UN-Diplomaten Stéphane Hessel bringt den Stein endgültig ins Rollen. „Die Jugendlichen sind heute besser aufgeklärt, als man es ihnen zutraut und als es vor 20 Jahren der Fall war“, sagt er und ist dabei gleich bei einer zentralen Forderung des Dachverbandes: das Wahlrecht ab 16 Jahren.

Nur weil sich beim Referendum 2015 eine Mehrheit gegen das Wahlrecht ab 16 ausgesprochen hat, muss das ja nicht immer so bleiben

Es ist ein Wahlrecht und keine -pflicht im Sinne einer „citoyenneté active“, die dem „Jugendrot“ vorschwebt. Bei der Masse der Mitglieder macht eine solche Forderung Sinn. 36 Jugendverbände im Land gehören dem Dachverband „Jugendrot“ an. Von den 60.000 Jugendlichen im Land, die darin vertreten sind, sind nach Verbandsangaben rund 20.000 unter 18 Jahre alt.  

„Nur weil sich beim Referendum 2015 eine Mehrheit gegen das Wahlrecht ab 16 ausgesprochen hat, muss das ja nicht immer so bleiben“, sagt Bremer. Er will das Thema wieder auf die politische Agenda bringen und sagt das mit Blick auf die bekannte Tatsache, dass die europäischen Bevölkerungen altern.  

Gesellschaftskunde kommt zu kurz

Die Stimme bei der Wahl ist eine konkrete Möglichkeit, die Sicht der Jugend auf die politische Agenda zu heben. „Ich glaube, das würde Luxemburg guttun“, sagt Bremer. Das Thema Wahlrecht führt automatisch zum nächsten großen Punkt: Bildung. Gesellschaftsunterricht an den Schulen kommt zu spät und zu kurz, ist die Haltung des „Jugendrot“ dazu. Der Wunsch dahinter ist es, den Weg zu einem aufgeklärten, reflektierten Bürger so früh als möglich zu ebnen.  

Die Frage des Logements ist entscheidend für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt

Das Wort „Citoyen“ fällt im Gespräch mit Präsident Bremer oft, weswegen die Rolle der Jugendverbände in der non-formalen Bildung gar nicht hoch genug zu schätzen ist. Zwar gibt es den Jugendkonvent oder das Jugendparlament, wo sich Jugendliche und junge Erwachsene auf dem politischen Parkett begegnen, aber ob das reicht?

Wenn Bremer über den „Jugendrot“ spricht, wird schnell klar, es reicht nicht. Sprachrohr der luxemburgischen Jugend in der Politik, diese Rolle will er stärker ausbauen. „Unsere Motivation muss sein, noch mehr Reichweite zu haben“, sagt Bremer. Reichen tut es auch nicht bei den bisherigen Bemühungen, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen. „Die Frage des Logements ist entscheidend für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Bremer.

Logement ist ein Problem

Der Zugang zum Wohnungsmarkt, besonders in der Phase zwischen Ausbildung, Studium und dem ersten Job, gelingt nur schwer oder gar nicht. Der „Jugendrot“ wünscht sich für junge Berufsanfänger wieder die Aussicht, sich eine eigene Wohnung oder ein Eigenheim leisten zu können. Das beinhaltet eine Neuauflage des „Pacte logement“ und eine drastische Erhöhung öffentlicher Mittel für öffentlichen Wohnungsbau. Bremer spricht damit ein generelles Problem an.  

„Viele überlegen sich, ob sie einen so großen Teil der hier in Luxemburg zweifellos höheren Gehälter zum Wohnen ausgeben wollen – ganz zu schweigen von der Fahrt durch den Stau“, sagt Bremer und beruft sich auf Rückmeldungen von den Mitgliedern. Mentale Gesundheit von Jugendlichen, Positionen zum Ehrenamt … die Liste der politischen Verbesserungswünsche aus Sicht der Jugend ist noch länger.  

Bremer wird einiges zu tun haben, sie mehr ins Bewusstsein zu heben und er hat Prinzipien. Als er 2022 zum ersten Mal Präsident des Jugendrates wird, gibt er seine Parteikarte von „déi gréng“ zurück. „Das verträgt sich in meinen Augen nicht mit dem Amt“, sagt er. Das ist eine ganz klare Haltung zur verbreiteten Manier im Land, oft mehrere „Hüte“ aufzuhaben.  

JJ
21. April 2024 - 9.39

Ging es nicht schon immer um die Zukunft der Jugend? Seit Thunberg und den Klebern scheint eine gewisse Hysterie zu herrschen. Also schön ruhig bleiben und die Erfahrenen machen lassen. Niemand regiert gegen seine Jugend.Es sei denn man lebt in einer korrupten Diktatur. Vielleicht sollten wir es mit dem schweizer Modell versuchen. Die werden gefragt und stimmen ab.Dazu braucht es kein Wahlrecht mit 16.

Plop Poulpy
20. April 2024 - 9.40

Handy an asozial Netzwierker.