Kreditnehmer im Stress – luxemburgische Zentralbank testete die Widerstandsfähigkeit der Haushalte

Kreditnehmer im Stress – luxemburgische Zentralbank testete die Widerstandsfähigkeit der Haushalte

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Wenn die Immobilienkreditnehmer ihre Raten nicht mehr bedienen können, geraten die Banken in Bedrängnis. Die luxemburgische Zentralbank (BCL) testete die Widerstandsfähigkeit der Haushalte auf externe Schocks und untersuchte, was ein höheres Ausfallrisiko für die Banken darstellt. Sie kommt zum Schluss, dass viele Immobilienbesitzer ihre Wohnungen verlieren und einige Banken ins Schwitzen geraten könnten, wenn die Szenarien eintreffen werden.

Die Weltwirtschaftskrise ab dem Jahr 2007, von der sich viele Länder gerade erst erholt haben, begann als Immobilienkrise in den USA. Kreditnehmer mit geringer Bonität konnten ihre Darlehen nicht mehr bedienen – die Blase auf dem spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkt platzte und brachte viele Banken ins Wanken.

Aus der Immobilienkrise wurde eine Finanz- und Bankenkrise, die sich später in mehrere Staatsschuldenkrisen weiterentwickelte. Bis heute liegt der Leitzins in der Eurozone bei null Prozent.

Schuldenmachen ist besonders billig und trägt seinen Teil zu den stark steigenden Immobilienpreisen bei. Wohnungseigentümer aus dem Großherzogtum stehen mit über einer halben Milliarde Euro bei den Banken in der Kreide.

Die luxemburgische Zentralbank hat mehrere Szenarien durchgespielt, um die Widerstandsfähigkeit der luxemburgischen Banken zu testen, wenn die Privathaushalte, die ihr Zuhause auf Pump gekauft haben, in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Schon im Normalfall, also wenn keine Faktoren von außen die Kreditnehmer unter Druck setzen, gibt es welche, die ihre Darlehen nicht mehr bedienen können. Die BCL schätzt, dass im Jahr 2014 bis zu 4,45 Prozent aller Darlehen an Haushalte als „faule Kredite“ gelten konnten.

Faule Kredite

Die Ursachen können vielfältig sein: ein plötzlicher Krankheitsfall, der Verlust der Arbeitsstelle oder ein anderer Schicksalsschlag. Vor solchen ist niemand sicher und die Banken rechnen dieses Risiko mit ein.

Laut BCL beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit der Haushalte im Normalfall 3,1 Prozent. Die Ausfallkredithöhe beträgt knappe fünf Prozent aller Darlehen an Privatleute. Auf das gesamte aktuelle Immobilienkredit-Volumen von 565 Millionen Euro übertragen, sind dies 26 Millionen Euro, auf denen die Banken sitzen bleiben, aber nur vorerst. Die Bank verkauft die Immobilie, die als Kreditsicherung dient. Dies reicht aus, um 89 Prozent der ausgefallenen Kredite zu decken.

Dies führt dazu, dass die Ausfallverlustquote der Banken relativ gering ist. Sie beträgt nur 0,51 Prozent aller ausstehenden Kredite. Die Gewinnquote liegt weitaus höher. Alles in Ordnung könnte man also meinen, doch die BCL sieht dies anders.

Die Struktur des luxemburgischen Bankensektors sei auch relevant, meint der Autor der Studie. Die BCL stellte fest, dass die Hälfte der Banken in Luxemburg gar keine Immobilienkredite vergebe. Bei nur jeder 20. Bank würde mehr als die Hälfte der Kreditsumme Immobiliendarlehen sein. Für das Gros des luxemburgischen Bankensektors stellt eine etwaige Krise also keine Gefahr dar.

Die BCL stellte auch fest, dass Privatkredite das Geschäft von nur ein paar relativ großen Banken sei, die sie als systemrelevant einschätzt. Im Jahr 2014 hätten sich nur zehn Banken das Kreditgeschäft mit den Verbrauchern aus Luxemburg geteilt. (95 Prozent aller Immobilienkredite an Haushalte aus Luxemburg). Im vergangenen Jahr listete das „Comité du risque systémique“ fünf von diesen als „autre établissement d’importance systémique“ ein, darunter die BCEE, die BIL und die BGL BNP Paribas.

Die Autoren des BCL-Stresstests kommen zu der Schlussfolgerung, dass „die Bankverluste, die aus dem Geschäft mit den Privathaushalten stammen, recht empfindlich auf finanziellen Stress reagieren“.

Dies trotz drei Faktoren, welche die negativen Folgen abfedern. Viele Haushalte hätten genügend finanzielle Reserven, um die Immobilienraten auch in finanziell stressreichen Perioden sogar mehrere Monate bedienen zu können. Außerdem hätten viele Kreditnehmer schon einen großen Teil ihrer Kredite zurückbezahlt und seien so weniger anfällig für Krisen. Der letzte Punkt, auf den die Autoren verweisen, ist die Tatsache, dass sich die Banken bei der Kreditvergabe zurückhalten würden und auf ein richtiges Verhältnis zwischen dem Darlehensbetrag und dem Beleihungswert einer Kreditsicherheit achten würden.


Szenario 1: Das Platzen der Immobilienblase

Dieses Szenario setzt voraus, dass die aktuellen Immobilienpreise in Luxemburg überbewertet seien. Das hohe Niveau, auf dem sich die Preise befinden, und die hohen Steigerungsraten sprechen für eine Blase, die ständig wachsende Bevölkerung und der stetig zunehmende Bedarf bei gleichzeitig knappen Angebot jedoch dagegen.
Dies bedeutet nicht, dass eines Tages die Preise purzeln könnten. Im Zuge der Finanzkrise sind Wohnimmobilien in Irland, Zypern, Griechenland, den Niederlanden und Spanien billiger geworden.

Laut BCL haben sie zwischen den Jahren 2007 und 2012 in Irland über die Hälfte ihres Wertes verloren, in Griechenland waren es 40 Prozent zwischen 2008 und 2015.
Das von der BCL durchgespielte Szenario beinhaltet keinen graduellen Wertverfall, sondern einen „über Nacht“. Der für die Immobilienbesitzer härteste durchgespielte Fall ist ein Wertverlust von 50 Prozent, dies würde die Preissteigerungen von zwölf Jahren zunichtemachen.

Wenn die vermeintliche Immobilienblase denn platzen würde, hätte dies keine Auswirkungen auf die Ausfallwahrscheinlichkeit. Das Einkommen der Kreditnehmer wäre nicht betroffen und diese könnten ihre Kredite weiterhin bedienen, auch wenn bei einigen die noch zu zahlende Summe den, nun geringeren, Wert der Immobilie übersteigen würde.
Problematisch würde es für die Banken erst bei den Kunden, die (aus anderen Gründen) ins Straucheln geraten sind und bei denen die Bank sich gezwungen sieht, die Immobilie zu verkaufen. Wenn die Wohnungen die Hälfte ihres Wertes eingebüßt haben, reicht der Verkaufserlös oft nicht aus, um die ausstehenden Schulden zu begleichen.

Im Normalfall bleiben die Banken auf elf Prozent der ausgefallenen Kredite sitzen, wenn die Immobilienblase platzen würde, wäre es fast die Hälfte, so das Arbeitspapier der BCL. Schon ein Preisverfall in Höhe von 20 Prozent würde die Ausfallverlustquote verdoppeln.
Ein solches Szenario würde nicht nur den Gewinn der Banken schmälern, es würde auch die Zahl der überschuldeten und obdachlosen Familien drastisch steigern.


Szenario 2: Anstieg der Arbeitslosigkeit

Was wäre, wenn es auf dem luxemburgischen Arbeitsmarkt zu Massenentlassungen kommen würde? Auch diese Frage versuchte die BCL zu beantworten. Sie untersuchte die Auswirkungen, wenn die Wahrscheinlichkeit, seine Arbeitsstelle zu verlieren, um bis zu sechs Prozentpunkte zunähme. „Dieser Anstieg der Arbeitslosigkeit ist vergleichbar mit der Situation in Griechenland, Spanien und Irland während der Krise“, so die BCL.

Wenn jemand, der gerade erst einen Immobilienkredit aufgenommen hat, sein Einkommen verliert, steigt logischerweise seine Ausfallwahrscheinlichkeit. Wenn nun sehr viele in die Arbeitslosigkeit abrutschen, müssten die Banken in erhebliche Bedrängnis kommen.
Doch dies ist nicht der Fall, wie die BCL herausgefunden hat. Eine Zunahme der Arbeitslosigkeit um sechs Prozentpunkte würde die gesamte Ausfallwahrscheinlichkeit nur um einen Prozentpunkt erhöhen.

Die Banken müssten zwar mehrere Kredite abschreiben – da die Immobilienpreise aber nicht betroffen sind, kommen die Finanzinstitute dennoch an ihr Geld. Der Bankengewinn wäre nicht betroffen.

Die BCL erklärt dies mit den anderen hohen Vermögenswerten, welche viele Schuldner besitzen. „Die Haushalte können ihre Raten noch über Monate begleichen, auch wenn das Einkommen zurückgeht“, so die BCL. Sie weist auch auf das luxemburgische Arbeitslosengeld hin, das bis zu 80 Prozent des letzten Einkommens beträgt.

Auch sei das Verhältnis zwischen Einkommen und der Höhe der Raten „bescheiden“, meint die BCL. Es gäbe bei vielen noch genügend Spielraum, wenn der Lohn weniger würde.
Minimal größere Auswirkungen als ein Anstieg der Arbeitslosigkeit hätte dann eine allgemeine Lohnkürzung. Bei einem allgemeinen Lohnrückgang von 20 Prozent würde die Ausfallwahrscheinlichkeit ebenfalls nur leicht zunehmen.


Szenario 3: Zinssteigerung

Noch nie war Schuldenmachen so günstig wie heute. Im Zuge der Finanzkrise senkten viele Zentralbanken ihre Leitzinsen auf null. Die luxemburgische Zentralbank meint, dass dies bis auf Weiteres so bleiben könnte. Sicher ist sie sich nicht, wenn die zyklische Erholung zu einer höheren Inflation führen würde, müssten die Zinsen steigen. In den USA und in Großbritannien sei dies schon der Fall.

Die BCL untersuchte die Auswirkungen von Leitzinserhöhungen von bis zu vier Prozentpunkten. Wie hoch das sein wird, drückt die BCL etwas kryptisch aus: „Jeder Haushalt, der einen Kredit mit variablen Zinsen bedienen muss, wird dann mit zusätzlichen monatlichen Ausgaben, die sich aus dem Restbetrag, der mit der Zinssteigerung multipliziert wird und durch zwölf geteilt wird, zusammensetzen“, belastet. Eine Zinssteigerung bedeutet für die Banken Mehreinnahmen, sie beklagen das aktuell niedrige Niveau, das ihre Gewinnmargen schmälert.

Doch die erwarteten Mehreinnahmen durch steigende Zinsen werden durch eine höhere Ausfallquote belastet. Steigende Zinsen führen dazu, dass die Schuldner unter dem Strich mehr an die Bank zurückzahlen müssen. Die Ausfallquote steigt leicht, genauso wie die Ausfallkredithöhe.

Der größte Verlierer von steigenden Zinsen sind also nicht die Banken, sondern die Schuldner, auch wenn die Mehrheit genügend Spielraum hat, um einen Anstieg verkraften zu können. Die Auswirkungen sind geringer als im zweiten Szenario.


Szenario 4: Aktiencrash

Das vierte Szenario betrifft vor allem die Bessergestellten. In diesem untersuchte die BCL, was es bedeutet, wenn der Wert von Vermögenswerten wie z.B. Aktien oder Bonds, aber auch anderen, weniger liquiden Vermögenswerten in den Keller geht.

Auch wenn das Aktienportfolio die Hälfte des Wertes verlieren würde und die Weinsammlung komplett verschwinden würde, würde dies kaum die Ausfallwahrscheinlichkeit beeinflussen. „Es gibt keine direkten Auswirkungen auf die Ausfallwahrscheinlichkeit, die Ausfallkredithöhe und die Ausfallverlustquote“, so die BCL.


Horrorszenario: Kombination

Wenn es einmal schieflaufen wird, dann richtig. Krisen haben meistens Auswirkungen auf mehrere Bereiche. Aus diesem Grund kombinierte die BCL mehrere Szenarien, um die Widerstandsfähigkeit der Haushalte und damit zusammenhängend die der Banken zu testen.

„Wir fokussieren uns auf extreme Schocks“, steht im Papier. Diese könnten das Resultat einer Fragmentierung der EU, eines Handelskrieges oder eines Atomunfalls nahe der luxemburgischen Grenzen sein.

„Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios als sehr gering ein“, beruhigen die Autoren. „Stresstests wurden für extreme Fälle entworfen.“
Unter dem Begriff „hoher Stress“ versteht die BCL eine gleichzeitige und sofortige Zinserhöhung um vier Prozent, das Platzen einer Immobilienblase und Wertverluste von 50 Prozent sowie einen Aktiencrash, der den Wert von anderen Vermögenswerten halbiert oder gar vernichtet. Zusätzlich steigt die Arbeitslosenrate um sechs Prozentpunkte.

„Es überrascht nicht, dass dieses Szenario größere Auswirkungen als die Einzelszenarien hat“, so der Autor. Von allen untersuchten Fällen hätte diese Kombination von mehreren Szenarien die höchste Ausfallwahrscheinlichkeit. Knappe zehn Prozent der ausstehenden Kredite seien auf einen Schlag faul. Der Verkauf der beliehenen Wohnungen würde nur knapp die Hälfte der ausstehenden Summe einbringen. Die Ausfallverlustquote der Banken würde auf vier Prozent steigen.

„Damit liegt Luxemburg auf einem mit den anderen europäischen Staaten vergleichbaren Niveau“, so die BCL. Der Bankensektor an sich wäre nicht in seiner Existenz bedroht. Dies gilt jedoch nicht für die einzelnen Banken. Vor allem diejenigen, die viele Immobilienkredite vergeben können, und ihre Kunden würden in Zahlungsschwierigkeiten kommen.


Soziale Kosten

Auch wenn die Haushalte unter keinem externen finanziellen Stress stehen, sind Kreditausfälle nicht ausgeschlossen. Aus den Statistiken der BCL geht hervor, dass das Risiko eines Ausfalles leicht höher ist, wenn der Kreditnehmer ein Mann ist.
Die Altersklasse mit dem höchsten Ausfallrisiko ist nicht die junge Generation, sondern jene der 55- bis 64-Jährigen. Das Risiko sinkt mit einem zunehmenden Ausbildungsniveau. Die Gefahr, dass ein Akademiker einen Kreditausfall erleidet, soll um drei Viertel geringer sein als jene der Menschen, die keinen hohen Bildungsabschluss besitzen, so die BCL. Je mehr Menschen im Haushalt leben, desto größer ist das Risiko. Paare sind bessere Schuldner als Singles. Bei Geschiedenen ist das Ausfallrisiko am größten. Auffallend niedrig ist es bei Verwitweten.

Bei allen Szenarien und bei den kombinierten im Speziellen gilt: Vor allem die ärmere Bevölkerungsschichten sind betroffen – hier kann die Ausfallwahrscheinlichkeit bis zu 15 Prozent betragen.

Die BCL weist dann auch auf die „substanziellen sozialen Kosten“ hin, zu denen die getesteten Szenarien führen. Dennoch würden die sozial benachteiligten Haushalte für die Banken kein Risiko darstellen, auch wenn sie ihre Kredite nicht mehr finanzieren können.

Na gut Herr Horilux,
26. Juli 2018 - 15.22

... wenn Sie sich den Lancia Stratos Gr. 4 aus der Portokasse kaufen können dann ist das OK. ;-)) Ich muss mir meinen zusammensparen. Und wenn ich das Geld zusammen habe, es liegt auf der Bank und es ist gerade Krise, dann gute Nacht Lancia. Habe ich das Geld im Kopfkissen dann hab ich nur noch eine Sorge, wie bekomme ich das Ding durch Sandweiler;-))))))

ImmoHorror
26. Juli 2018 - 12.06

Hätten die Banken nicht so leicht Kredite vergeben, wären die Immobilienpreise nicht so in die Höhe gestiegen! Auch ein Teil des Problems.

Horilux
26. Juli 2018 - 10.00

sehr gute Idee der Zentralbank , einmal diesen test auszuführen . sehr guter Kommentar . Nur die Dortoir bemerkung verstehe ich nicht . meine Meinung : die Zinsen können nicht einseitig von den Lux banken erhöht werden . Diese werden vom Markt bestimmt . sollte man trotzdem erhöhen , stiegen ja die Gewinnmargen der Banken zu Ungunsten der Häuslebauer . Geld unter dem Kopfkissen ist Gift für die Wirtschaft ganz allgemein und hilft Keinem . Der wahre Grund der lux Immobilienmarkt-Verzerrung ist und bleibt das Wachstum an Arbeitsplätzen in Lux . will man das verbieten / verhindern ?? solange 5.000-10.000 jährlich dazukommen wird die Wohnungsnachfrage und die Preise steigen . Will man das ernsthaft nicht ?

Schwarzmalerei oder Realist?
26. Juli 2018 - 8.54

Irgendwann müssen die Preise runter, und die Zinserhöhung ist die einzige Lösung, leider. Lange genug wurde vor der Blase gewarnt. Die Banken haben es in Kauf genommen, wohlwissend dass die Zinsen nie so niedrig bleiben würden. Die Banken werden wie immer vom Steuerzahler gerettet werden. Die Sparbücher derer die nie Schulden gemacht haben werden blockiert. Glücklich der, der sein Geld im Kopfkissen aufbewahrt hat, oder in Oldtimer investiert hat. Der "Dortoir" Geschäftseingang wird nicht mehr reichen um alle aufzunehmen.