UNO37 Millionen Tonnen Schutt im Gazastreifen

UNO / 37 Millionen Tonnen Schutt im Gazastreifen
Ein palästinensischer Mann schaut auf das zerstörte Khan Yunis im südlichen Gazastreifen Foto: AFP

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Die Zerstörung im Gazastreifen ist größer als in der Ukraine: Sieben Monate nach Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas schätzen die Vereinten Nationen die Menge an Trümmern auf 37 Millionen Tonnen. „Im Gazastreifen liegt mehr Schutt als in der Ukraine“, sagte Mungo Birch, Leiter des UN-Minenräumdienstes (Unmas), am Mittwoch vor Journalisten in Genf. Dabei sei der Gazastreifen nur 40 Kilometer lang und die Front in der Ukraine fast 1000 Kilometer.

Doch die riesige Menge an Trümmern ist nicht das einzige Problem: Unter dem Schutt befinden sich laut Unmas viele Blindgänger. „Nicht explodierte Munition erschwert die Beseitigung“, sagte Birch. Allgemeinen Schätzungen zufolge explodieren bei Kämpfen zehn bis 15 Prozent der abgefeuerten Geschosse nicht – eine langfristige Gefahr für die Zivilbevölkerung.

Auch Asbest macht die Räumung komplizierter. „Wir schätzen, dass sich in den Trümmern mehr als 800.000 Tonnen Asbest befinden“, sagte Birch. Die Mineralfaser ist krebserregend und für den Umgang damit sind besondere Vorsichtsmaßnahmen notwendig.

UN-Minenräumdienst will Sprengsätze entschärfen

Der UN-Minenräumdienst hofft, mit eigenen Teams die Sprengsätze im Gazastreifen entschärfen zu können. „Aber wir befinden uns noch in der Planungsphase“, sagte Birch. Fünf Millionen Dollar (4,7 Millionen Euro) habe Unmas für die Entschärfung bereits bekommen. „Aber um die Arbeit in den nächsten zwölf Monaten fortsetzen zu können, brauchen wir weitere 40 Millionen Dollar.“ Für die Räumung des gesamten Schutts seien über Jahre hunderte Millionen Dollar nötig.

Für die Planung, wie der Gazastreifen von den enormen Schuttbergen befreit werden kann, trafen sich die Hauptakteure vor zwei Wochen in der jordanischen Hauptstadt Amman. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) koordiniert die Räumung. „Das Problem ist, dass die Masse an Trümmern beispiellos ist. Wir werden neue Ideen entwickeln müssen, wie wir bei der Räumung vorgehen“, sagte Birch. 65 Prozent der zerstörten Gebäude im Gazastreifen sind laut Unmas Wohnhäuser. Hundert Lastwagen würden 14 Jahre brauchen, um all den Schutt zu beseitigen.

Noch dauern die Kämpfe an und auch für die UN-Mitarbeiter ist es schwer, sich im Gazastreifen ein genaues Bild vom Ausmaß der Zerstörung und der Menge an Blindgängern zu machen. „Einzelne Berichte deuten darauf hin, dass es im Norden besonders schlimm ist“, sagte Birch. „Das wird lange ein großes Problem bleiben.“

Jahrzehntelanger Wiederaufbau

Der Wiederaufbau des Gazastreifens kann nach UNDP-Angaben „Jahrzehnte dauern“. Dies sei „eine Aufgabe, vor welcher die Weltgemeinschaft seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gestanden“ habe, sagte der UNDP-Regionalchef für die arabischen Staaten, Abdallah al-Dardari, am Donnerstag vor Journalisten in Amman. Das UN-Entwicklungsprogramm UNDP schätze die Kosten dafür auf „mehr als 30 Milliarden Dollar und bis zu 40 Milliarden Dollar“. Nach Angaben al-Dardaris sind 72 Prozent aller Wohngebäude im Gazastreifen ganz oder teilweise zerstört.

Ausgelöst wurde der Krieg im Gazastreifen durch den brutalen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober, bei dem Kämpfer der radikalislamischen Palästinenserorganisation mehr als 1170 Menschen töteten und rund 250 Menschen verschleppten. Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 34.500 Menschen getötet, vor allem Frauen und Kinder.