KlangweltenMakaya McCraven betreibt ein verblüffendes Vexierspiel mit Gil Scott-Heron

Klangwelten / Makaya McCraven betreibt ein verblüffendes Vexierspiel mit Gil Scott-Heron
Gil Scott-Heron – We’re new again – a Reimagining by Makaya McCraven

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Der 36-jährige Jazzmusiker Makaya McCraven scheint ein bescheidener Mann zu sein, der sein Licht zuweilen unter den Scheffel stellt. Denn das, was der Franko-Amerikaner hier vorlegt, ist definitiv mehr als „Reimagining the Music of Gil Scott-Heron“; es ist ein völlig eigenständiges Werk geworden.

McCraven hat sich die Gesangsspuren und Spoken-Word-Passagen (sowie ein paar Klaviertakte) der letzten Veröffentlichung des großen amerikanischen Musikers und Dichters geschnappt, der bereits in den 70er-Jahren rappte, als es diese Bezeichnung noch überhaupt nicht gab, und hat daraus eins der besten Gil-Scott-Heron-Alben ever gemacht, das den Vergleich mit dessen Großtaten wie „Pieces of a Man“, „Winter in America“ oder „Reflections“ nicht zu scheuen braucht.

Dazu muss man sagen, dass das „Original“ von 2011, auf das sich McCraven hier bezieht, seinerseits bereits ein Remix-Album war, das kurz vor dem Tod des Sängers in Zusammenarbeit mit dem Musikproduzenten Jamie xx, einem der Gründungsmitglieder der Indie-Formation The xx, zustande kam, der aus Scott-Heron-Material, das bereits ein Jahr zuvor veröffentlicht worden war, ein reines Elektro-Album machte.

Musikalisch weicht das neue Werk von beiden oben erwähnten Produktionen völlig ab und es bringt den Spirit von Scott-Herons Kunst wieder dorthin zurück, wo der Pionier des amerikanischen Hip-Hops, der auf geniale Weise Jazz, Funk und Dichtkunst zu kombinieren wusste, auf dem Höhepunkt seines Schaffens war: in die Musikszene der großen Schmelztiegel Chicago und New York der 70er- und frühen 80er-Jahre. Genau so klingt das Album und man kann sich als Hörer keine Sekunde vorstellen, dass die beiden Protagonisten dieses Werks bei seiner Entstehung nicht zusammengearbeitet haben!

Der Schlagzeuger Makaya McCraven und seine Band experimentieren mit Holz- und Blechbläsern, Vibrafon, Harfe, Chören oder gar Samples des eigenen Vaters, dem Schlagzeuger Steve McCraven; zu jedem Track finden sie den passenden Groove. Alles klingt wie aus einem Guss bis zu den allerletzten Takten des mit Bläsern aufgepeppten Robert-Johnson-Covers „Me and the Devil“ – irre! Wo das Original aufhört und der Remix beginnt, hätte Scott-Heron vermutlich selbst nicht herausgefunden, aber eins lässt sich mit Sicherheit sagen: Die Platte hätte ihm gefallen!

Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Anspieltipps: I’m New Here, This Can’t Be Real, Me and the Devil