MotorsportDie Hauser-Dynastie: Besuch bei Racing Experience in Wormeldingen

Motorsport / Die Hauser-Dynastie: Besuch bei Racing Experience in Wormeldingen
Racing-Experience-Gruppenfoto in Portimao, 2019: David (1.v.l.), Christian (3.v.l.), Karin (4.v.l.) und Gary (2.v.r.) Foto: MaJoNic

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im internationalen Motorsport gibt es etliche Familien, die seit mehreren Generationen im Motorsport aktiv sind. Sie heißen Andretti, Brabham oder Fittipaldi. Auch in Luxemburg gibt es einen Clan, der dem Motorsport verfallen ist: die Hausers aus Wormeldingen.

Bei unserem Besuch war dann auch die ganze Familie versammelt: Vater Christian mit seiner Frau Karin, die Söhne David und Gary sowie ihre jeweiligen Freundinnen.

Alles begann mit Großvater Jean, der in den 50er und 60er Jahren am Berg, bei Slaloms und bei Rallyes dabei war und einige nationale Titel einheimste. Mit Vater Christian ging es dann weiter. Er errang viele Siege und Streckenrekorde bei nationalen und internationalen Bergrennen, zuerst auf dem Motorrad, dann im Auto und vor allem in Formelwagen: „Rückblickend betrachtet muss ich sagen, dass ich froh bin über all das, was ich in Sachen Motorsport über all die Jahre machen und erreichen durfte. Das war nicht einfach wegen der beruflichen Belastung. Als einer meiner größten motorsportlichen Erfolge betrachte ich den achten Gesamtrang und den Klassensieg bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps im Jahr 1991. Hier waren wir erster BMW mit unserem M3 Gruppe A und haben als kleines privates Team große Werksmannschaften wie Schnitzer und Bigazzi hinter uns gelassen. Damals war ich Fahrer und Teamchef zugleich. Beide Funktionen gleichzeitig optimal zu erfüllen, war zumindest komplex“, sagt Christian Hauser.

Der älteste Junior, David, ist hauptberuflich als Automobilingenieur bei der Luxemburger Firma ATE-EL aktiv, genau wie seine Verlobte Mélanie Marcon. David fuhr bislang in der Formel Renault, der Formel 3, Berg- und jetzt Langstrecken-Rennen: „Ich bin froh, dass es mir gelungen ist, neben meinem Doppelmaster im Automobilingenieurbereich so viele Autosport-Disziplinen betrieben zu haben. Als einer meiner liebsten Erfolge betrachte ich mein erstes Podium in der Formel Renault in Zolder und meinen ersten Gesamtsieg 2012 beim Bergrennen in Eschdorf mit einem GP2. Dies war genau zehn Jahre nachdem mein Vater dort den Sieg errungen hat“, so David.

Der jüngste im Bunde, Gary, der seine Studien mit einem Master in Wirtschaftswissenschaften abschloss, arbeitet die Woche über im Sportzentrum „Coque“ und war in den gleichen Rennkategorien aktiv wie sein Bruder: Formel Renault, Deutsche Formel 3, BOSS GP sowie jetzt Langstreckenrennen. Als einziger der Familienbande ist er aber nie bei Bergrennen angetreten: „Dies wollte ich meiner Mutter nicht auch noch antun. Motorsport im Allgemeinen ist schon gefährlich genug, aber Bergrennen sind noch mit viel mehr Risiko verbunden. Ein Highlight für mich war mein erster Sieg mit Klassen-Streckenrekord in der Formel Renault 1600 in Spa-Francorchamps. Ganz besonders stolz bin ich darauf, immer noch den offiziellen Rundenrekord in Mugello zu halten. Dieser ist mir anlässlich eines Rennes zur BOSS GP Serie mit einem GP2-Auto gelungen“, erklärt Gary.

Von Mutter Karin wollten wir wissen, wie sie damit umgeht, dass der Ehemann und nun die beiden Söhne als Rennfahrer aktiv waren bzw. sind: „Ich bin vor allem froh, dass keiner von den Dreien mehr Bergrennen fährt. Dort sitzt man unten am Start und weiß absolut nicht, was auf der Strecke passiert. Einmal hatte David einen kleineren Ausrutscher auf der Strecke, aber am Start kursierten die wildesten Gerüchte was den Unfall betraf. Dies möchte ich nie mehr miterleben. Auf einem Rundkurs ist man permanent in der Box per Funk informiert und weiß sofort, was los ist. Das ist für mich viel beruhigender“, sagt Karin.

Alle in einem Boot

Der Name Hauser steht aber nicht nur für drei Rennfahrer-Generationen, sondern auch für ein mit 15 Mann vielleicht kleines, aber dennoch feines und hochprofessionelles Motorsport-Team mit dem Namen „Racing Experience – Motorsport Services“. In diesem Rennstall findet man die ganze Familie Hauser wieder: Christian ist der Teamchef, Karin ist für die Reiseplanung, die gesamte Organisation vor Ort und für das Catering des Teams zuständig, David und Gary sind die Fahrer, Davids Verlobte Mélanie Marcon agiert als Renningenieurin und Datenanalystin und ihre Schwester Jennifer ist als Mechanikerin dabei. Lea, Garys Verlobte, ist Ingenieurin und unterstützt das Team ebenfalls. Chef-Mechaniker Charles Molinier ist die treue Seele im Team und bringt sogar Formel-1-Erfahrung aus seinem früheren Job als Motorenbauer bei Renault Sport mit ins Team.

2017 setze Racing Experience zum ersten Mal einen Le-Mans-Sportprototyp der Klasse 3 (LMP3) ein. Mit dem Gesamtsieg im Dutch Cup sogar sehr erfolgreich, und dies vor sehr starker Konkurrenz. Seit letztem Jahr ist Racing Experience im Michelin Le Mans Cup (MLMC) eingeschrieben. Mit einem Norma M30 LMP3 belegt es den 7. Platz in der Gesamtwertung bei über 30 klassierten Teams. Dieses Jahr setzt man bei den sieben Rennen à zwei Stunden, mit dem Highlight auf der Traditionsrennstrecke von Le Mans, auf einen neuen Duqueine D08-Nissan LMP3.

Da jeweils ein Pilot der Silber-Kategorie und ein Fahrer der Bronze-Kategorie die Rennen bestreiten müssen, lösen sich David und Gary als Silber-Pilot am Steuer ab und teilen sich das Cockpit mit dem französischen „Gentleman Driver“ und Bronze-Piloten Nicolas Mélin. Dieser bringt auch das notwendige Budget mit ins Team. „Wir bestreiten dieses Jahr erneut den Michelin Le Mans Cup, der vom ACO (Anm. d. Red.: Automobile Club de l’Ouest, dem Organisator der 24 Stunden von Le Mans) veranstaltet wird und der die gleichen strengen Regeln hat wie die European Le Mans Series und das World Endurance Championship. Wir hoffen, 2020 ein noch besseres Ergebnis erzielen zu können als 2019 und beabsichtigen dann als nächsten Schritt, in die European Le Mans Series aufzusteigen. Wir brauchen uns nicht hinter den großen Teams zu verstecken, vielleicht gehen wir das Ganze sogar noch sorgfältiger und konsequenter an als so manch großes Team, da wir durch und durch passionierte Racer sind. Und anstreben, alles fehlerfrei und mit letztem Einsatz auszuüben, ob nun als Fahrer, Ingenieur oder Mechaniker. Wir sind so professionell, wie man es nur sein kann, ohne dass wir vom Racing leben und ohne dass wir es hauptberuflich ausüben“, sagt Teamchef Christian Hauser.

Teurer Urlaub auf Asphalt

Fast der gesamte Urlaub der Familie geht für den Motorsport drauf. Immerhin muss man für ein Rennen, das am Samstag oder Sonntag stattfindet, bereits am Montag davor an der Rennstrecke sein, um die ganze Struktur aufzubauen und die sehr aufwendigen ACO-Formalitäten zu erledigen, bevor das eigentliche Rennprogramm beginnt. Zudem ist das finanzielle  Engagement sehr hoch. Die Einschreibegebühren für den MLMC sind nicht geschenkt. Dazu kommt das eigene LMP3-Fahrzeug, der teameigene Lkw mit Auflieger, das Equipment und Material, die Reifen, die Tests sowie Mietwagen, Catering, Reise- und Hotelkosten hinzu.

Um all diese Kosten zu decken und das Teambudget auszugleichen, ist Racing Experience in vielen anderen Sparten aktiv: vom Consulting bis zum Aufbau, der Vorbereitung und dem Support von Kunden-Rennwagen. So z.B. hat ein gut betuchter Engländer seinen GP3-Renner bei Racing Experience untergestellt, und wenn er dann mit seinem Rennwagen auf irgendeiner Rennstrecke seine Runden drehen möchte, bringt das Hauser-Team das Auto dorthin, die Mechaniker und Ingenieure bereiten alles vor, damit der Besitzer nur mehr ins Auto steigen und fahren braucht. Diesen Service bietet Racing Experience Kunden weltweit an, sogar bis in die USA.

Des Weiteren erbringt Racing Experience für verschiedene große Teams, wie z.B. ART Grand Prix, Trident, Prema oder Carlin, eine ganze Reihe von Dienstleistungen wie die Zurverfügungstellung von Daten, spezifischen Teilen und derer eigenen Logistik. Des Öfteren gilt es hier, eine Zustellung innerhalb von 24 Stunden zu irgendeiner Rennstrecke weltweit zu gewährleisten. Im Übrigen kümmert sich Racing Experiene auch oftmals für diese Teams um den Verkauf von deren Autos und Equipment. Schlussendlich bietet Racing Experience Fahrertrainings, Coaching und Taxidrives an. Bei letzteren wird ein Beifahrersitz in den LMP3-Renner installiert und der Kunde wird von David oder Gary für einige Runden im Renntempo über den Rundkurs chauffiert. Neuerdings bietet Racing Experience auch hochprofessionelle Simulatoren zum Kauf und zum Mieten – auch mit Coaching – an. Da bei den meisten Rennserien die Tests auf der Strecke zeitlich sehr limitiert sind, bieten die neuesten, professionellen Simulatoren beste Möglichkeiten, neue Rennstrecken kennenzulernen und erste Autoabstimmungen bereits vorzunehmen, bevor man auf der Rennstrecke ankommt.

Auf die Frage nach einem eventuellen großen Wunschtraum für die Zukunft meinten die Hausers ganz bescheiden und absolut nicht überraschend: „Wir möchten vor allem gesund bleiben, damit wir unseren Sport noch lange weiterbetreiben können.“

Racing-Action beim Rennen 2019 auf der Traditionsrennstrecke von Le Mans
Racing-Action beim Rennen 2019 auf der Traditionsrennstrecke von Le Mans  Foto: MaJoNic
Olaf
27. März 2020 - 0.15

Dat ass dat wat eis Longen an dësen Zäite brauchen.